4A_316/2007: Unterscheidung Bürgschaft/Schuldübernahme

Das BGer schützt hier die Ausle­gung ein­er Vere­in­barung durch die Vorin­stanz, wonach in einem (unklar for­mulierten) Auf­nah­mege­such für ein Pflege­heim, das auch durch den Sohn des Pfleglings unterze­ich­net wurde, man­gels eines aus­re­ichen­den Eigen­in­ter­ess­es des Sohns keine Schuldüber­nahme, son­dern eine (form­nichtige) Bürgschaft liegt.

Im Auf­nah­mege­such unterze­ich­nete der Vater ein For­mu­lar u.a. mit fol­gen­dem Text:

“D. Unterze­ich­nete haftet für die gesamten Kosten gemäss Tax­ord­nung und verpflichtet sich zur regelmäs­si­gen Zahlung.”

Unter dem Ver­merk “Der zahlungspflichtige Antrag­steller” unterze­ich­nete sein Sohn. Leer blieb die Rubrik “Erk­lärung des/der Gesuchstellers/in (Bürgschaft­serk­lärung)” mit dem Wort­laut “D. Unterze­ich­nete erk­lärt sich bere­it, bei Nichtein­hal­tung des mit der Ver­wal­tung vere­in­barten Ein­trittster­mins den dem Heim bis zur Wiederbe­set­zung ent­stande­nen Ein­nah­meaus­fall bis zum Max­i­mal­be­trag von Fr. 3000.– voll zu vergüten.” Auf Seite 2 des For­mu­la­rs wurde zudem auf der Lin­ie “Wer erledigt die Zahlun­gen?” einge­tra­gen “Sohn: A., Adresse siehe vorne”. 

Nach dem Tod des Gesuch­stellers erhielt das Pflege­heim im Nach­lasskonkurs einen Ver­lustschein, worauf das Heim den Sohn des Ver­stor­be­nen betrieb. Im Aberken­nungsver­fahren war strit­tig, ob es sich beim For­mu­lar um eine kumu­la­tive Schuldüber­nahme oder eine (form­nichtige) Bürgschaft handelte.

Das BGer analysiert zunächst den unklaren Wort­laut der umstrit­te­nen Vere­in­barung, der nach sein­er Auf­fas­sung wohl eher für eine akzes­sorische Verpflich­tung spricht. Auss­chlaggebend war jedoch das Kri­teri­um des Eigen­in­ter­ess­es, das der Sohn nicht hat­te. Nach der Recht­sprechung des BGer unter­schei­det sich die akzes­sorische Bürgschaft von der kumu­la­tiv­en Schuldüber­nahme als selb­ständi­ger Verpflich­tung dadurch, dass der sich Verpflich­t­ende nur bei der Schuldüber­nahme idR ein eigenes Inter­esse an dem zwis­chen dem Hauptschuld­ner und dem Gläu­biger abgeschlosse­nen Geschäft hat:

Auf kumu­la­tive Schuldüber­nahme ist nur zu schliessen, wenn der Übernehmer ein unmit­tel­bares und materielles Inter­esse hat, in das Geschäft einzutreten und es zu seinem eige­nen zu machen, indem er für die Gegen­partei erkennbar direkt von der Gegen­leis­tung des Gläu­bigers prof­i­tiert. Irgen­dein undefiniert­er Vorteil genügt für die Qual­i­fika­tion als Schuld­mitüber­nahme nicht (BGE 129 III 702 E. 2.6 S. 710 f. mit Hinweisen).”

[… ] Das Inter­esse des Beschw­erdegeg­n­ers [sc. der Sohn] an opti­maler Betreu­ung und Pflege seines Vaters, welch­es die Beschw­erde­führerin [sc. das Heim] als Eigen­in­ter­esse des Beschw­erdegeg­n­ers ins Feld führt, reicht nach dem Gesagten nicht, um die Annahme ein­er kumu­la­tiv­en Schuldüber­nahme zu recht­fer­ti­gen. Vielmehr wur­den die For­mvorschriften ger­ade für Fälle der vor­liegen­den Art einge­führt, um zu ver­mei­den, dass Zahlungspflicht­en in frem­dem Inter­esse unüber­legt einge­gan­gen wer­den. Die Annahme eines Bürgschaftsver­trages im vor­liegen­den Falle ver­let­zt daher kein Bundesrecht.”