5A_29/2007: Paulianische Anfechtung ZKB/SAirGroup

Am 29. Mai 2008 entsch­ied das Bun­des­gericht (5A_29/2007), dass die Zürcher Kan­ton­al­bank (ZKB) im Rah­men ein­er pau­lian­is­chen Anfech­tungsklage der SAir­Group in Nach­lassliq­ui­da­tion 80,5 Mio. CHF zahlen muss (NZZ, Han­del­szeitung). Das Bun­des­gericht hat gestern die Entschei­d­be­grün­dung veröffentlicht.

Sachver­halt
Die ZKB gewährte im August 1999 der SAir­Group einen Kred­it von CHF 100 Mio. (Blankolim­ite), der voll in Anspruch genom­men und mehrfach ver­längert wurde. In der Folge wurde Anfangs Juli 2001 vere­in­bart, dass die SAir­Group die ZKB umge­hend zu informieren habe, falls eine Bank ihr Kred­iten­gage­ment bzw. ihre bestätigten Kred­itlim­iten gegenüber der SAir­Group reduzieren oder voll­ständig aufheben sollte. Fern­er war die ZKB unter dieser Vere­in­barung berechtigt, den fes­ten Vorschuss unter gewis­sen Voraus­set­zun­gen jed­erzeit fäl­lig zu stellen. Gestützt auf diese Vere­in­barun­gen zahlte die SAir­Group am 21. August 2001, am 5. Sep­tem­ber 2001 und am 27. Sep­tem­ber 2001 ins­ge­samt ca. CHF 80 Mio. an die ZKB zurück. Am 2. Okto­ber 2001 musste die SAir­Group bekan­ntlich ihren Flug­be­trieb ein­stellen, bevor die pro­vi­sorische Nach­lassstun­dung am 5. Okto­ber 2001 bewil­ligt wurde.

Mit Klage vom 17. Juni / 16. Novem­ber 2005 ver­langte die SAir­Group (in Nach­lassliq.) die Rück­zahlung dieser Beträge (zzgl. Zins). Die Vorin­stanz (Han­dels­gericht des Kan­tons Zürich) wies die Klage am 10. Jan­u­ar 2007 ab. Gegen dieses Urteil richtete sich die von der SAir­Group (in Nach­lassliq.) erhobene Beschwerde.

Erwä­gun­gen des Bun­des­gerichts
Die Klage der SAir­Group (in Nach­lassliq.) auf Rück­zahlung stützte sich auf den Tatbe­stand der Absicht­san­fech­tung (Art. 288 SchKG). Danach sind alle Recht­shand­lun­gen inner­halb der let­zten fünf Jahre vor der Pfän­dung oder Konkurs­eröff­nung anfecht­bar, die der Schuld­ner in der dem anderen Teile erkennbaren Absicht vorgenom­men hat, seine Gläu­biger zu benachteili­gen oder einzelne Gläu­biger zum Vorteil ander­er zu begün­sti­gen. Dabei unter­liegen der Absicht­san­fech­tung auch jene Recht­shand­lun­gen, die der Schuld­ner vor der Bestä­ti­gung des Nach­lassver­trags vorgenom­men hat (Art. 331 SchKG, E. 2).

Das Bun­des­gericht führte sodann aus, dass neben der erwäh­n­ten Schädi­gungsab­sicht — mithin als weit­ere, im Gesetz nicht aus­drück­lich erwäh­nte Voraus­set­zung — die ange­focht­ene Hand­lung des Schuld­ners die Gläu­biger (oder einzelne von ihnen) auch tat­säch­lich schädigt.

Denn mit der Anfech­tung sollen Ver­mö­genswerte der Zwangsvoll­streck­ung zuge­führt wer­den, die ihr durch eine Recht­shand­lung gemäss Art. 286–288 SchKG ent­zo­gen wor­den sind (Art. 285 Abs. 1 SchKG). Die Anfech­tungsklage dient der Wiedergut­machung eines den Gläu­bigern oder einem Teil davon zuge­fügten Nachteils. Sie set­zt eine Gläu­biger­schädi­gung sowie die Schädi­gungsab­sicht des Schuld­ners und die Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht für den Drit­ten voraus (…).” (E. 2).

Alle drei Voraus­set­zun­gen (Gläu­biger­schädi­gung, Schädi­gungsab­sicht des Schuld­ners und Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht für den Drit­ten) sind durch den­jeni­gen zu beweisen, der aus der Erfül­lung des Tatbe­stands von Art. 288 SchKG Rechte ableit­et, in der Regel also der Anfech­tungskläger und im vor­liegen­den Fall die Beschw­erde­führerin (SAir­Group) (E. 2).

Gläu­biger­schädi­gung (E. 3)
Das BGer hält zunächst fest, dass eine Gläu­biger­schädi­gung in der Regel dann nicht ein­tritt, wenn die ange­focht­ene Recht­shand­lung im Aus­tauschver­hält­nis gle­ich­w­er­tiger Leis­tun­gen beste­ht, es sei denn, der Schuld­ner habe mit dem Geschäft den Zweck ver­fol­gt, über seine let­zten Aktiv­en zum Schaden der Gläu­biger ver­fü­gen zu kön­nen, und sein Geschäftspart­ner habe dies erkan­nt oder erken­nen müssen. Die Rück­zahlung eines Dar­lehens sei aber nicht die (gle­ich­w­er­tige) Gegen­leis­tung für dessen Gewährung, son­dern die Erfül­lung der mit der Dar­lehen­sauf­nahme einge­gan­genen Pflicht zur Rück­zahlung. Die Dar­lehen­srück­zahlung an Gläu­biger, denen wed­er ein Konkur­spriv­i­leg noch ein dinglich­es Vor­recht zuste­ht, schädigt — so das BGer — die übri­gen Gläu­biger, indem sie das Voll­streck­ungsergeb­nis oder ihren Anteil daran ver­min­dert, und begün­stigt die befriedigten gegenüber den verbleiben­den Gläu­bigern (E. 3.1).

Im vor­liegen­den Fall lag den ange­focht­e­nen Rück­zahlun­gen ein ungesichert­er Kred­it zugrunde. Das BGer kam mitunter deshalb zum Schluss, dass die Teil­rück­zahlun­gen die Beschw­erdegeg­ner­in (ZKB) begün­stigt und zumin­d­est die anderen Drit­tk­lass­gläu­biger durch Ver­min­derung des Voll­streck­ungssub­strats geschädigt hät­ten (E. 3.2). Das BGer ver­warf dabei ins­beson­dere den Ein­wand, dass die Teil­rück­zahlun­gen die Gegen­leis­tung für die teil­weise Ver­längerung des beste­hen­den Kred­its seien, denn zwis­chen der Gewährung eines neuen Dar­lehens und der Ver­längerung eines früheren Dar­lehens bestün­den keine Unter­schiede: Die Rück­zahlung des Dar­lehens stelle in bei­den Fällen keine Gegen­leis­tung dar.

Weit­er sei der Zweck des Dar­lehens, einem Schuld­ner in finanziellen Schwierigkeit­en zu helfen, für die Tatbe­standsvo­raus­set­zung der Gläu­biger­schädi­gung nicht entschei­dend (anders jedoch für die Voraus­set­zun­gen der Schädi­gungsab­sicht und deren Erkennbarkeit) (E. 3.2).

Im Ergeb­nis bejahte das BGer damit die Voraus­set­zung der Gläu­biger­schädi­gung durch die vor­liegen­den Darlehensrückzahlungen.

Schädi­gungsab­sicht (E. 4 und E. 7)
Die Absicht­san­fech­tung (Art. 288 SchKG) set­zt weit­er voraus, dass der Schuld­ner die anfecht­bare Hand­lung in der dem anderen Teile erkennbaren Absicht vorgenom­men hat, seine Gläu­biger zu benachteili­gen oder einzelne Gläu­biger (zum Nachteil ander­er) zu begünstigen.

Vor­ab ruft das BGer in Erin­nerung, dass eine solche Schädi­gungsab­sicht vor­liegt, wenn der 

(…) Schuld­ner vorausse­hen kon­nte und musste, dass die ange­focht­ene Hand­lung Gläu­biger benachteiligt oder einzelne Gläu­biger gegenüber anderen bevorzugt. Nicht erforder­lich ist, dass der Schuld­ner mit sein­er Hand­lung die Benachteili­gung von Gläu­bigern oder die Begün­s­ti­gung einzel­ner Gläu­biger ger­adezu bezweckt.” (E. 4.1; Her­vorhe­bun­gen hinzugefügt).

Es genügt dem­nach, wenn sich der Schuld­ner darüber hat Rechen­schaft geben kön­nen und müssen und gle­ich­sam in Kauf genom­men hat, dass als natür­liche Folge sein­er Hand­lung Gläu­biger geschädigt wer­den (E. 4.1 mit Ver­weis auf BGE 21 I 660 E. 4, S. 669).

Das BGer hält fern­er fest, dass es sich bei der (direk­ten oder indi­rek­ten) Schädi­gungsab­sicht des Schuld­ners zunächst um eine innere Tat­sache han­delt, die sich unmit­tel­bar nur durch Parteiaus­sage, im Übri­gen aber bloss durch Schlussfol­gerun­gen aus dem äusseren Ver­hal­ten der betr­e­f­fend­en Per­so­n­en und der äusseren Gegeben­heit­en (Tat­frage) beweisen lässt (E. 4.1). Gestützt darauf sei zu beurteilen, ob eine Schädi­gungsab­sicht im Sinne von Art. 288 SchKG vor­liege (Rechts­frage).

Die Vorin­stanz hat­te die Frage nach der Schädi­gungsab­sicht auf Seit­en der SAir­Group (in Nach­lassliq.) offen gelassen (E. 7). Das BGer bejahte demge­genüber das Vor­liegen ein­er Schädi­gungsab­sicht (E 7.5) und stützte sich ins­beson­dere auf den Umstand, dass die SAir­Group bere­its vor der ersten ange­focht­e­nen Dar­lehen­srück­zahlung im August 2001 über ihre finanzielle Lage im Bilde war (E. 7.4). In Anbe­tra­cht ihres Wis­sens um die schlechte finanzielle Lage ging das BGer davon aus, dass die SAir­Group zumin­d­est in Kauf genom­men hat­te, dass durch ihre (Rück-)Zahlungen an die Beschw­erdegeg­ner­in andere Gläu­biger geschädigt wer­den könnten.

Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht (E. 4.2 / 4.3 und E. 8)
Nach der bun­des­gerichtlichen Umschrei­bung hat alles als erkennbar zu gel­ten, was 

“(…) bei Anwen­dung der durch die konkreten Ver­hält­nisse gebote­nen Aufmerk­samkeit ohne Fahrläs­sigkeit erkan­nt wer­den kon­nte (…). Es genügt, wenn der Dritte bei der ihm nach den Umstän­den zumut­baren Aufmerk­samkeit die Gläu­biger­schädi­gung als natür­liche Folge der ange­focht­e­nen Hand­lung hätte vorherse­hen kön­nen und müssen (…) Eine unbeschränk­te Erkundi­gungspflicht wird damit aber nicht aufgestellt.” (E. 4.2)

Das BGer präzisiert, dass man sich im All­ge­meinen nicht darum zu küm­mern braucht, ob durch ein Rechts­geschäft die Gläu­biger seines Kon­tra­hen­ten geschädigt wer­den oder nicht. Nur wenn deut­liche Anze­ichen dafür sprechen, dass eine Schädi­gung beab­sichtigt ist, dürfe vom Begün­stigten eine sorgfältige Prü­fung ver­langt wer­den, ob jene Absicht wirk­lich beste­ht oder nicht. Dabei set­ze die Obliegen­heit den Schuld­ner zu befra­gen und Erkundi­gen einzu­holen nicht bloss “Anze­ichen” für eine Benachteili­gung voraus, son­dern ger­adezu “deut­liche Anze­ichen” (E. 4.2). Es sei dabei unter Würdi­gung sämtlich­er Umstände zu beurteilen, ob der Dritte die Schädi­gungsab­sicht des Schuld­ners im Zeit­punkt der anfecht­baren Hand­lung erkan­nt habe (Tat­frage) oder bei pflicht­gemäss­er Aufmerk­samkeit hätte erken­nen kön­nen und müssen (Rechts­frage) (E. 4.2).

Sodann hält das BGer fest, dass die Schädi­gungsab­sicht und deren Erkennbarkeit durch Organe oder rechts­geschäftlich bestellte Vertreter der juris­tis­chen Per­son (bzw. dem Vertrete­nen) anzurech­nen sind (E. 4.3).

Das Bun­des­gericht bestätigt die vorin­stan­zliche Recht­sauf­fas­sung (E. 5). Uneinigkeit zwis­chen dem Bun­des­gericht und dem zürcherischen Han­dels­gericht bestand jedoch in der Frage, nach welchem Massstab die Schädi­gungsab­sicht und deren Erkennbarkeit zu beurteilen sind, wenn anfecht­bare Recht­shand­lun­gen während und im Rah­men ein­er Sanierung des Schuld­ners erfol­gen (E. 5).

Das Han­dels­gericht kam zum Ergeb­nis, dass es nicht Zweck der Anfech­tungsklage sein könne, echte Sanierungs­be­mühun­gen mit der Gefahr ein­er späteren Rück­gängig­machung von Recht­shand­lun­gen zu belas­ten. Die Vorin­stanz erwog dabei, dass das blosse Wis­sen um die “schlechte Lage” für die Anwen­dung von Art. 288 SchKG nicht genüge. Vielmehr müsse es zur Bejahung der Anfech­tungsklage — so die Vorin­stanz — auch 

(…) um die Erken­nt­nis (beim Schuld­ner auch um das Erken­nen­müssen, beim Gläu­biger um das Erken­nen­sollen) gehen, dass die Sanierung mit hoher Wahrschein­lichkeit nicht mehr möglich sei, dass nur mehr die Liq­ui­da­tion bleibe” (E. 5.1).

Das Bun­des­gericht scheint sein­er Vorin­stanz insofern zuzus­tim­men, dass die Anfech­tungsklage nicht bezweckt, alle Ver­suche zur Ret­tung des Schuld­ners unmöglich oder sehr gefährlich zu machen. Vielmehr beruht die Recht­sprechung auf dem Grundgedanken, dass es erlaubt ist, dem Schuld­ner “aus der Klemme zu helfen”. Die Anfech­tungsklage will dabei nicht ver­hin­dern, dass einem bedrängten Schuld­ner geholfen wird, sofern nur diese Hil­fe ern­stlich als erfol­gsver­heis­send betra­chtet wer­den kann. Die Zahlungsmit­tel müssen dabei zum beson­deren Zweck der Sanierung gewährt wor­den sein und nicht bloss in der Absicht, Geld kurzfristig und zu hohem Zins anzule­gen (E. 5.2).

Nach Lehre und Prax­is soll beim Ver­such, einem Schuld­ner das Durch­hal­ten zu ermöglichen, der beson­dere Entste­hungs­grund der Rück­zahlungsverpflich­tung mit­berück­sichtigt wer­den mit der Folge, dass die Begün­s­ti­gungsab­sicht auf Seit­en des Schuld­ners und ihre Erkennbarkeit für den Drit­ten zu verneinen sind (E. 5.3 m.w.H.). Damit sich aber eine solche beson­dere Behand­lung recht­fer­tigt, müssen 

(…) berechtigte, die Wahrschein­lichkeit ein­er gün­sti­gen Prog­nose hin­sichtlich der Ver­mö­gensen­twick­lung des Schuld­ners ein­deutig recht­fer­ti­gende Hoff­nun­gen gegeben sein.” (E 5.3)

Nur wenn diese Voraus­set­zung erfüllt ist, liegt die Abwick­lung des ganzen Geschäfts im Inter­esse (auch) aller anderen Gläu­biger des Schuld­ners. Dies­falls darf die Frage nach der Schädi­gungsab­sicht und der Erkennbarkeit nicht isoliert betra­chtet wer­den; vielmehr sind die Auf­nahme und Rück­zahlung des Dar­lehens als Ein­heit zu würdi­gen, wom­it die Schutzwürdigkeit der Inter­essen des Dar­lehens­ge­bers und der übri­gen Gläu­biger in ein richtiges Ver­hält­nis gebracht wer­den kön­nen (E. 5.3 m.w.H.).

Das Bun­des­gericht verneint die weit­erge­hende Recht­sauf­fas­sung des Han­dels­gerichts, die den Anwen­dungs­bere­ich der Absich­tungsan­fech­tung nach der Auf­fas­sung des BGer weit­er ein­schränken und let­ztlich zu ein­er Ungle­ich­be­hand­lung der Gläu­biger führen würde (E. 5.4).

Das Bun­des­gericht prüfte in der Folge, ob es sich im vor­liegen­den Fall um ein solch­es Sanierungs­dar­lehen han­delte, verneinte diese Frage aber (E. 6). Das BGer hielt ins­beson­dere fest, dass die Beschw­erdegeg­ner­in (ZKB) im Ver­gle­ich mit anderen Kred­it­ge­bern wed­er Son­der­leis­tun­gen ver­sprochen noch ein eigentlich­es Ent­ge­genkom­men gezeigt noch die Sanierung direkt unter­stützt hat­te (E. 6.1). Vielmehr hätte die Beschw­erdegeg­ner­in ohne Rück­sicht auf die wirtschaftlichen Schwierigkeit­en der SAir­Group Teil­be­träge des Dar­lehens neb­st Zins sofort fäl­lig gestellt und einge­fordert (E. 6.1). Fern­er seien die Dar­lehen­srück­zahlun­gen für die SAir­Group nicht im Zusam­men­hang mit der Sanierung ges­tanden und erfol­gten wed­er vor dem Hin­ter­grund, die ein­geleit­ete Sanierung nicht zu gefährden, noch unter dem Druck, einen dro­hen­den Konkurs abzuwen­den (E. 6.2).

Im Ergeb­nis kam das BGer deshalb zum Schluss, dass im vor­liegen­den Fall kein Sanierungs­dar­lehen im Sinne der Recht­sprechung vor­lag (E. 6.3).

Das Han­dels­gericht hat­te sodann die Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht verneint. Das Bun­des­gericht wider­spricht auch in diesem Punkt der Vorin­stanz und hält fest, dass das Han­dels­gericht der Beurteilung der Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht einen unzutr­e­f­fend­en Massstab zugrunde gelegt hätte (E. 8 mit Ver­weisen auf E. 5 und E. 6). Hin­sichtlich der Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht war für das BGer ins­beson­dere entschei­dend, dass die Beschw­erdegeg­ner­in auch dann noch pas­siv geblieben war und keine weit­erge­hen­den Erkundi­gen einge­zo­gen hat­te, als auf Grund der wirtschaftlichen Gesamt­lage bere­its deut­liche Anze­ichen dafür bestanden, die SAir­Group kön­nte mit den jew­eili­gen Dar­lehen­srück­zahlun­gen eine Schädi­gung ander­er Gläu­biger zumin­d­est in Kauf nehmen (E. 8.4).

Ein Schuld­ner, der die werthalti­gen und gewin­nträchti­gen Unternehmen­steile veräussern muss und sog­ar den Staat um finanzielle Hil­fe ange­ht, kämpft erkennbar um sein wirtschaftlich­es Über­leben, so dass jed­er Gläu­biger, der von ihm noch Zahlun­gen ent­ge­gen­nimmt, damit rech­nen muss, sein Schuld­ner kön­nte dadurch andere Gläu­biger schädi­gen. Ins­ge­samt gilt für alle drei Dar­lehen­srück­zahlun­gen, dass die Beschw­erdegeg­ner­in prak­tisch blind darauf ver­traut hat, die mögliche und auf Grund ihres Wis­sens­standes auch nahe liegende Gläu­biger­schädi­gung, die die SAir­Group zumin­d­est in Kauf zu nehmen bere­it gewe­sen sein kön­nte, würde aus­bleiben. (E. 8.4)

Let­ztlich bejahte das Bun­des­gericht auch die Erkennbarkeit der Schädi­gungsab­sicht (E. 8.5). Damit waren alle drei Voraus­set­zun­gen des Tatbe­stands der Absicht­san­fech­tung nach Art. 288 SchKG erfüllt.

Aus prozes­sualer Sicht bleiben zwei Punk­te anzumerken:

  • Im vor­liegen­den Fall hat­te die Beschw­erde­führerin (SAir­Group) das han­dels­gerichtliche Urteil sofort nach dessen Eröff­nung ange­focht­en. Das BGer führte hierzu aus, dass dies­falls das Rechtsmit­telver­fahren bis zum Ablauf der Frist gem. Art. 100 Abs. 6 BGG aus­ge­set­zt wird und die Beschw­erde­führerin innert der laufend­en Frist befugt ist, allfäl­lige Män­gel ihrer Rechtsmit­teleingabe zu beheben oder deren Begrün­dung zu ergänzen. 
  • Die Beschw­erdegeg­ner­in brachte fern­er vor, die zweite Beschw­erde­schrift der Beschw­erde­führerin sei unzuläs­sig, weil das Kas­sa­tion­s­gerichts­gericht auf eine kant. Nichtigkeits­beschw­erde nicht einge­treten sei. Das BGer kommt im vor­liegen­den Entscheid zum Schluss, dass die Sach­lage hier nicht mit jen­er des angerufe­nen BGE 134 III 92 ver­gle­ich­bar sei. Im dor­ti­gen Fall war die Nichtigkeits­beschw­erde gemäss kant. Recht nicht gegeben, weshalb Art. 100 Abs. 6 BGG nicht greifen kon­nte und infolgedessen die Beschw­erde­frist gegen das Urteil des Oberg­erichts sofort (und nicht erst 30 Tage nach Eröff­nung des kas­sa­tion­s­gerichtlich­lichen Nichtein­tretens­beschlusses) zu laufen begann. Das BGer begrün­det die Nichtver­gle­ich­barkeit damit, dass im vor­liegen­den Fall das Kas­sa­tion­s­gericht lediglich aus formellen Grün­den einen Nichtigkeits­grund als nicht nachgewiesen betra­chtet hat­te (5A_29/2007, E. 1, 2. Abschnitt). Offen­bar wurde vor­liegend aber die kant. Nichtigkeits­beschw­erde ger­ade nicht abgewiesen, son­dern das Kas­sa­tion­s­gericht trat vielmehr auf die Beschw­erde schon gar nicht ein (siehe 5A_29/2007, Sachver­halt F). Aber auch im erwäh­n­ten BGE 134 III 92 trat — im Ergeb­nis — das Kas­sa­tion­s­gericht auf die Nichtigkeits­beschw­erde nicht ein.