5A_164/2008: Aberkennungsurteil als definitiver Rechtsöffnungstitel

Im zur Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid 5A_164/2008 vom 9. Sep­tem­ber 2008 (publ. 24. Okto­ber 2008) äusserte sich das Bun­des­gericht zur strit­ti­gen Frage, ob ein Aberken­nung­surteil als Voll­streck­ungsti­tel i.S.v. Art. 80 SchKG dienen kann.

Diese Frage wird in der Lehre kon­tro­vers disku­tiert (E. 5.2.1–5.2.3). Das Bun­des­gericht entsch­ied nun­mehr, dass eine defin­i­tive Recht­söff­nung auf Grund eines Urteils gewährt wer­den kann, in dem die Aberken­nungsklage abgewiesen wurde, die der Betriebene im Zuge ein­er früheren und nun­mehr ver­wirk­ten Betrei­bung bzgl. der­sel­ben Forderung ange­hoben hat­te (E. 5.4).

Vgl. zu diesem Entscheid fern­er auch den Blog-Ein­trag von Oliv­er Kunz.

Vor­ab führte das Bun­des­gericht aus, dass ein Aberken­nung­surteil im Dis­pos­i­tiv nicht auf Verurteilung ein­er Partei lautet und deshalb keinen aus­drück­lichen Leis­tungs­be­fehl enthält. Vielmehr wird damit lediglich das Begehren um neg­a­tive Fest­stel­lung abgewiesen (E. 5.2).

Für die Beant­wor­tung der vor­liegen­den Stre­it­frage seien vor­ab die Beson­der­heit­en der Aberken­nungsklage und die Funk­tion der defin­i­tiv­en Recht­söff­nung mass­gebend (E. 5.3). Dabei spreche gegen die Zulas­sung des Aberken­nung­surteils als Voll­streck­ungsti­tel (i.S.v. Art. 80 SchKG), dass es sich dabei um ein Fest­stel­lungs- und nicht um ein Leis­tung­surteil handle.

Im Gesamtzusam­men­hang ergibt sich aber, dass ein Aberken­nung­surteil lediglich ein bere­its gestelltes Leis­tungs­begehren des Gläu­bigers ergänze durch die Fest­stel­lung, dass die gel­tend gemachte Forderung beste­he und fäl­lig sei.

Da das Aberken­nung­surteil dies­bezüglich in materielle Recht­skraft erwächst und damit über die konkrete Betrei­bung hin­aus wirk­sam ist, kann es in ein­er späteren Betrei­bung als Voll­streck­ungsti­tel gel­ten unter der Voraus­set­zung, dass der selbe Gläu­biger gegen den näm­lichen Schuld­ner für die gle­iche Forderung auf dem Betrei­bungsweg die Leis­tung erneut begehrt und dass die Forderung nicht seit Erlass des Urteils unterge­gan­gen ist. 

Diese Voraus­set­zun­gen, die aus streng prozess­rechtlich­er Sicht in einem ordentlichen Ver­fahren von einem Gericht beurteilt wer­den müssten, kann auch der Recht­söff­nungsrichter auf Grund sein­er Befug­nisse im Ver­fahren der defin­i­tiv­en Recht­söff­nung prüfen.

Sind sie erfüllt, kann die defin­i­tive Recht­söff­nung auf­grund eines Urteils gewährt wer­den, in dem die Aberken­nungsklage abgewiesen wurde, die der Betriebene im Zuge ein­er früheren und nun­mehr ver­wirk­ten Betrei­bung bezüglich der­sel­ben Forderung ange­hoben hat­te.” (E. 5.4; Her­vorhe­bun­gen hinzugefügt) 

Das Bun­des­gericht bejahte sodann die Voraus­set­zun­gen für die Erteilung der defin­i­tiv­en Rechtsöffnung.

Im vor­liegen­den Fall lag ein inter­na­tionales Ver­hält­nis vor, zumal sich der Sitz der Beschw­erde­führerin in Vaduz, der­jenige der Beschw­erdegeg­ner­in in St. Gallen befand. Da das Fürsten­tum Liecht­en­stein dem LugÜ nicht beige­treten ist, hat­te sich das Bun­des­gericht in prozes­sualer Hin­sicht mit der Frage der Anerken­nung und Voll­streck­barkeit aus­ländis­ch­er Entschei­dun­gen gemäss dem Abkom­men vom 25. April 1968 zwis­chen der Schweiz­erischen Eidgenossen­schaft und dem Fürsten­tum Liecht­en­stein (SR 0.276.195.141) auseinan­der zu setzen.