1B_221/2011: Unterbrechung des Kausalzusammenhangs

Das Bun­des­gericht hat im Urteil 1B_221/2011 vom 19. August 2011 eine Beschw­erde gut­ge­heis­sen, mit der sich die Ehe­frau eines Unfal­lopfers dage­gen wehrte, dass eine Stra­fun­ter­suchung nicht auf zwei Beteiligte aus­geweit­et wor­den war. Die Vorin­stanz hat­te die Ver­fahren­sausweitung einzig mit der Begrün­dung abgelehnt, dass der Kausalzusam­men­hang unter­brochen wor­den sei. Das Bun­des­gericht erken­nt hier keine offen­sichtliche Unter­brechung des Kausalzusam­men­hangs und über­weist die Sache an die zuständi­ge Staat­san­waltschaft, damit diese die Stra­fun­ter­suchung auf die bei­den Beteiligten ausdehnt.

Zum Sachver­halt: Y. und Z. belu­den auf ein­er Baustelle einen Liefer­wa­gen u.a. mit sog. Schalungsträgern mit einem Gewicht von je ca. 30 kg. Sie zur­rten die Träger für die Fahrt auf den Dachlast­trägern des Liefer­wa­gens fest. Noch am sel­ben Abend fuhr der eben­falls auf der Baustelle tätige Arbeit­er A. mit dem Liefer­wa­gen auf den Werk­hof der Bau­un­ternehmung zurück, wo er ihn zum Ent­laden ste­hen liess. Am näch­sten Mor­gen lud B. die Schalungsträger vom Liefer­wa­gen ab. Dabei ver­lor er das Gle­ichgewicht und fiel von der Lade­brücke. Die Schalungsträger, welche nicht mehr fest­gezur­rt waren, stürzten zu Boden. Etwa sechs davon trafen B am Kopf. Er ver­starb noch auf der Unfallstelle.

Zum Kausalver­lauf in diesem Fall hält das Bun­des­gericht fest:

3.2 […] Die Unter­brechung des Kausalzusam­men­hanges wird nur aus­nahm­sweise angenom­men. […] Das tat das Bun­des­gericht beispiel­sweise in einem Fall, in dem ein völ­lig aussergewöhn­lich­es, unsin­niges und daher schlechthin nicht vorausse­hbares Ver­hal­ten eines Drit­tlenkers zu einem Verkehrsun­fall mit tödlichem Aus­gang geführt hat­te (BGE 115 IV 100). Ein solch­es Ver­hal­ten ist hier keineswegs offen­sichtlich. A. fuhr den Liefer­wa­gen von der Baustelle zum Werk­hof, ohne die Ladung bean­standet zu haben. Dies stellt nicht klar­erweise ein ganz aussergewöhn­lich­es Ver­hal­ten dar, mit dem die Beschw­erdegeg­n­er schlechthin nicht rech­nen mussten. Dass Fahrzeuge mit unsachgemäss­er oder zu stark­er Beladung in den Verkehr gebracht wer­den, ist keine Sel­tenheit und führt regelmäs­sig zu Sank­tio­nen wegen Wider­hand­lung gegen Art. 30 Abs. 2 SVG. Mit solchen Fällen hat sich auch das Bun­des­gericht immer wieder zu befassen (vgl. aus der jün­geren Recht­sprechung etwa Urteile 6B_727/2009 vom 23. Novem­ber 2009; 1C_223/2008 vom 8. Jan­u­ar 2009 mit Hin­weisen). Entsprechend ist nicht ersichtlich, weshalb die Beschw­erdegeg­n­er mit dem Ver­hal­ten von A. ein­deutig schlechthin nicht hät­ten rech­nen müssen.