2C_105/2012: nicht wiedergutzumachender Nachteil iSv BGG 93 I (hier: Zwang zur Teilnahme am Sexualkundeunterricht)

BGG 93 I lautet wie folgt:

Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide
1 Gegen andere selb­ständig eröffnete Vor- und Zwis­ch­enentschei­de ist die Beschw­erde zulässig:
a. wenn sie einen nicht wieder gutzu­machen­den Nachteil bewirken kön­nen; oder
b. wenn die Gutheis­sung der Beschw­erde sofort einen Endentscheid her­beiführen und damit einen bedeu­ten­den Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläu­figes Beweisver­fahren ers­paren würde.

Im vor­liegen­den Urteil fasst das BGer seine Recht­sprechung zum nicht wiedergutzu­machen Nachteil iSv BGG 93 I a zusam­men (Beispiele):

  • vor­sor­glich­er Entscheid, mit welchem die Ausübung des Sorg­erechts vorüberge­hend verun­möglicht wird 
  • vor­sor­glich­es Publikationsverbot 
  • vor­sor­glich­er Entzug des Führerausweises 
  • Anord­nung, während der Dauer eines aus­län­der­rechtlichen Bewil­li­gungsver­fahrens ausser­halb der Schweiz zu weilen, wenn ein grund­sät­zlich­er Recht­sanspruch auf Aufen­thalt in der Schweiz besteht 
  • Anord­nung ein­er Sicherheitshaft 
  • Beschlagnahme von Aktien­z­er­ti­fikat­en, da die Beschw­erde­führer durch die Mass­nahme daran gehin­dert wer­den, über diese frei zu verfügen 
  • Anord­nung ein­er Begutach­tung, bei welch­er ein Kind mit einem umstrit­te­nen Experten und einem Dol­metsch­er kon­fron­tiert wäre 
  •  Anord­nung eines Glaub­haftigkeitsgutacht­ens über ein Kind, wenn dadurch gegen die Regel von Art. 43 aOHG ver­stossen wird, wonach Kinder nicht mehr als zweimal in einem Ver­fahren ange­hört wer­den sollen 
  • Anord­nung ein­er Telefonüberwachung
  • Pflicht, eine kost­spielige Alt­las­ten-Unter­suchung durchzuführen, was zum Konkurs des Pflichti­gen führen könnte 
  • straf­prozes­suale Vermögensbeschlagnahme

Das BGer leit­et daraus ab, dass Zwis­ch­enentschei­de, mit denen in eine Rechtsstel­lung, namentlich n Grun­drechte, einge­grif­f­en wird, grund­sät­zlich einen nicht wieder gut zu machen­den Nachteil bewirken kön­nen, wenn dieser Ein­griff fak­tisch nicht rück­gängig gemacht wer­den kann. 

 
Im vor­liegen­den Fall bejaht dies das BGer auch für den Zwang, am Sex­u­alkun­de­un­ter­richt teilzunehmen. Das Begehren um vor­sor­glichen Dis­pens war den­noch zu Recht wegen fehlen­der Dringlichkeit abgewiesen worden.