4A_217/2012: “Rechtsmittel” iSv ZPO 405; Befangenheit eines als RA gegen eine Prozesspartei tätigen Handelsrichters (amtl. Publ.)

Nach ZPO 405 gilt für Rechtsmit­tel über­gangsrechtlich das Recht, das  bei Eröff­nung des Entschei­des in Kraft ist. Die Vorin­stanz des BGer, das HGer ZH, entsch­ied, “Rechtsmit­tel” seien die im 9. Titel der ZPO (ZPO 308 ff.) erfassten Rechts­be­helfe. Im vor­liegen­den Fall war daher auf den Aufhe­bungsantrag iSv ZPO 51 I (Amt­shand­lun­gen, an denen eine zum Aus­stand verpflichtete Gerichtsper­son mit­gewirkt hat) nicht nach ZPO 405 die ZPO anwend­bar, son­dern die alte Zürcher Prozessordnung.

Das BGer schützt diesen Entscheid. Anders wäre die Lage, wenn ein Aus­stands­grund durch ein Rechtsmit­tels iSv ZPO 405 I gel­tend gemacht wird, was aber nur dann in Frage kommt, wenn der Aus­stands­grund nach Abschluss des Ver­fahrens vor der betr­e­f­fend­en Instanz, aber vor Ablauf der Rechtsmit­tel­frist ent­deckt wird.

In der Sache — der Frage des Aus­stands — hält das BGer fest, dass der Han­del­srichter Hablützel im konkreten Fall befan­gen war:

[Es ste­ht fest], dass Han­del­srichter Hablützel als Recht­san­walt und andere Anwälte aus sein­er Kan­zlei regelmäs­sig Prozesse gegen die Beschw­erde­führerin führten und auch offene Man­dats­beziehun­gen gegen die Beschw­erde­führerin beste­hen.

Nach BGE 135 I 14 gilt,

dass ein als Richter bzw. Schied­srichter amtieren­der Anwalt nicht nur dann als befan­gen erscheint, wenn er in einem anderen Ver­fahren eine der Prozess­parteien ver­tritt oder kurz vorher vertreten hat, son­dern auch dann, wenn im anderen Ver­fahren ein solch­es Vertre­tungsver­hält­nis zur Gegen­partei ein­er der Prozess­parteien beste­ht bzw. bestand (BGE 135 I 14 E. 4.1 — 4.3). 

Das BGer hat­te in diesem BGE erwogen, die Prozess­partei könne befürcht­en, dass der Richter nicht zu ihren Gun­sten entschei­de, wenn sie im anderen Ver­fahren Gegen­partei seines Man­dan­ten sei. Es sei eine Erfahrungstat­sache, dass der Anwalt der Gegen­partei für für viele Parteien eben­so ein Geg­n­er sei wie die Gegen­partei selbst. 

Es ist nach dieser Recht­sprechung ohne weit­eres vom objek­tiv­en Anschein der Befan­gen­heit von Han­del­srichter Hablützel im vor­liegen­den Ver­fahren auszuge­hen. Die Vorin­stanz ver­let­zte somit Art. 30 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, indem sie unter sein­er Mitwirkung den ange­focht­e­nen Entscheid fällte.