4A_375/2012: Verantwortlichkeit für Prozessführung ausserhalb des Gesellschaftsinteresses (amtl. Publ.)

Dem vor­liegen­den Urteil lag der Rechtsstre­it zwis­chen dem früheren Ver­wal­tungsrat der Reishauer AG und der Lorze AG von Adri­an Gasser. Nach­dem let­zter­er weit­ere Anteile an der Reishauer AG erwor­ben hat­te, ver­weigerte ihm deren Ver­wal­tungsrat die Ein­tra­gung ins Aktien­buch. Das BGer hat­te 2003 entsch­ieden, dass die Ver­weigerung der Ein­tra­gung gegen den Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satz ver­stiess und rechtsmiss­bräuch­lich war (Urteil 4C.242/2001). In der Folge hat­te die Lorze AG Ver­ant­wortlichkeit­sklage auf CHF 1,2 Mio.  Schaden­er­satz an die Reishauer AG für die unnöti­gen Kosten des Rechtsstre­its erhoben (vgl. die Zusam­men­fas­sung der Auseinan­der­set­zung bei Cash.ch).

Das OGer ZH hat­te die Klage gut­ge­heis­sen, und das BGer schützt dieses Urteil im Wesentlichen. Das Gesellschaftsin­ter­esse ver­bi­etet es, von vorn­here­in aus­sicht­slose Prozesse zu führen, und generell Prozesse, mit denen nicht ein im Gesellschaftsin­ter­esse liegen­des Ziel ver­fol­gt wird. Dies läuft auf die Frage hin­aus, ob sie sach­liche, im Gesellschaftsin­ter­esse ste­hende Gründe hat­ten, die Ein­tra­gung zu ver­weigern. Hierzu hält das BGer Fol­gen­des fest:

Genau daran fehlt es aber. Die Beschw­erde­führer ver­mocht­en keine solchen Gründe namhaft zu machen. Die Absicht, den Ein­fluss eines beste­hen­den Min­der­heit­sak­tionärs zurück­zu­drän­gen, stand ausser­halb des Zwecks der Vinkulierung und war mit dieser auch nicht zu erre­ichen. […] Es war bzw. musste ihnen schon beim Prozess­führungsentscheid bewusst sein, dass ihnen sach­liche, im Gesellschaftsin­ter­esse liegende Gründe für die Ein­tra­gungsver­weigerung fehlten. Gemäss den Fest­stel­lun­gen im Rück­weisungs­beschluss gaben sie näm­lich sel­ber an, es sei ihnen […] im Wesentlichen darum gegan­gen, D. die Ein­flussmöglichkeit­en […] zu nehmen. Wenn sie argu­men­tieren, dies sei im Inter­esse der Gesellschaft gele­gen, da seit­ens D. eine schädliche Geschäft­spoli­tik zu befürcht­en gewe­sen sei, so kann darauf man­gels entsprechen­der Fest­stel­lun­gen in den ange­focht­e­nen Entschei­den nicht abgestellt wer­den […]. Ohne­hin ver­mö­gen blosse Befürch­tun­gen das Gle­ich­be­hand­lungs­ge­bot der Aktionäre und das Rechtsmiss­brauchsver­bot nicht aufzuwiegen. […] Dem­nach hat­ten sie damit zu rech­nen, dass die Gerichte ihr Ver­hal­ten als rechtsmiss­bräuch­lich qual­i­fizieren würden […].

Die VR-Mit­glieder hat­ten sich zwar im Vor­feld des Prozess­es um Klärung bemüht, aber das reichte nicht aus:

Das alles ändert aber nichts daran, dass sie keine in der Inter­essen­sphäre der Gesellschaft liegen­den, vertret­baren Gründe für die Ein­tra­gungsver­weigerung namhaft machen konnten. 

Let­ztlich ging es auch nicht darum, sondern :

Entschei­dend ist ohne­hin nicht allein die Frage, ob die Beschw­erde­führer […] hin­re­ichende Abklärun­gen zu den Erfol­gschan­cen tätigten und sich für ihr Vorge­hen auf Fach­mei­n­un­gen oder eine Min­der­heitsmei­n­ung eines Han­del­srichters stützen kon­nten. Unter dem Blick­winkel der Treuepflicht nach Art. 717 OR ist auss­chlaggebend, ob die Prozess­führung im Gesellschaftsin­ter­esse lag oder nicht. Nun beste­ht aber nach den einzig mass­ge­blichen tat­säch­lichen Fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz kein Zweifel daran, dass die Ein­tra­gungsver­weigerung und damit auch die Prozess­führung über diese Frage nicht im Gesellschaftsin­ter­esse, son­dern im Inter­esse ein­er Mehrheit der Aktionäre erfolgte.