4A_220/2013: Zusicherung und selbständige Garantie; Abgrenzung und Qualifikation als Garantie auch ohne Bestimmung der Rechtsfolgen

Das BGer hat­te im vor­liegen­den Fall die Ausle­gung ein­er Zusicherung in einem Aktienkaufver­trag für einen bes­timmten Bestel­lungsvor­rat beim Clos­ing zu prüfen.

Das BGer geht von der Unter­schei­dung zwis­chen (unselb­ständi­ger) Zusicherung i.S.v. OR 197 I und (selb­ständi­ger) Garantie i.S.v. OR 111 aus, die wesentlich daran anknüpft, ob der Gegen­stand der “Garantie” eine Eigen­schaft der Kauf­sache oder ein davon unter­schei­d­bar­er Erfolg ist:

“Die Garantie eines Verkäufers für die Kauf­sache […] kann ins­beson­dere eine Zusicherung im Sinne von Art. 197 Abs. 1 OR darstellen, bei der bes­timmte tat­säch­liche oder rechtliche Eigen­schaften der Kauf­sache garantiert wer­den. […] Wer­den diese Eigen­schaften auf Zeit zugesichert, so wird von “Halt­barkeits- oder Zuver­läs­sigkeits­garantien” gesprochen. Solche auf die Zukun­ft gerichteten Zusicherun­gen wer­den als unselb­st­ständi­ge Garantien beze­ich­net, wenn sie von den Eigen­schaften der Sache abhän­gen. Demge­genüber liegt ein selb­st­ständi­ger Garantiev­er­trag (Art. 111 OR) vor, wenn der Verkäufer einen kün­fti­gen Erfolg ver­spricht, der über die ver­trags­gemässe Beschaf­fen­heit der Kauf­sache hin­aus­ge­ht, weil er wesentlich noch von anderen kün­fti­gen Fak­toren abhängt, die — wie z.B. die Kon­junk­turen­twick­lung — von den Sacheigen­schaften unab­hängig sind und ausser­halb der Ein­flussmöglichkeit­en des Verkäufers liegen […].”

Der Beschw­erde­führer hat­te sich jedoch auf Böck­li berufen, der als zusät­zlich­es Tatbe­stand­se­le­ment der Garantie die Quan­tifizierung der Garantieleis­tung sieht. Das BGer wider­spricht dem:

“Gestützt auf eine entsprechende Lit­er­aturstelle (Peter Böck­li, […]) macht er aber darüber hin­aus gel­tend, eine selb­st­ständi­ge Garantie set­ze voraus, dass der Ver­trag die Rechts­folge, das heisst die Quan­tifizierung der im Garantiefall zu leis­ten­den Zahlung oder Leis­tung, ein­deutig bes­timme oder bes­timm­bar fes­tlege. Der Ver­trag müsse sagen, was und wie viel der Verkäufer bei Ein­tritt des Garantiefalls schulde. Dies gehöre zu den essen­tialia negotii der selb­st­ständi­gen Garantie. […] Dem ist nicht zu fol­gen. Erforder­lich ist einzig, dass ein kün­ftiger Erfolg ver­sprochen wird. Die Lehre nen­nt denn auch als Beispiele für selb­st­ständi­ge Garantien genau den hier umstrit­te­nen Fall, näm­lich das Ver­sprechen eines bes­timmten Umsatzes oder Ertrages […]. Welche Rechts­fol­gen es nach sich zieht, wenn der garantierte Erfolg (z.B. ein bes­timmter Umsatz) nicht ein­tritt, bes­timmt sich nach den all­ge­meinen Prinzip­i­en der Nichterfüllung.[…]”

Im konkreten Fall war fol­gende Klausel als selb­ständi­ge Garantie beurteilt wor­den, ins­beson­dere wegen der Wen­dung “[…] ertragswirk­sam wird” (und nicht etwa “geeignet ist, sich in den 18 Monat­en […] auszuwirken”):

 “[…] garantiert und sichert der Verkäufer der
Käuferin bei Unterze­ich­nung des Ver­trages sowie per Vol­lzugstag zu,
dass […] (xvi) die AG zum Zeit­punkt des Vol­lzugs des
Kaufver­trages über einen Bestel­lungsvor­rat von min­destens CHF 24’000’000
ver­fügt, welch­er in der Peri­ode bis 18 Monate nach der Unterzeichnung
dieses Ver­trages ertragswirk­sam wird”