4A_274/2013: Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn das Schiedsgericht die angebotenen Beweismittel in Anwendung der Verfahrensbestimmungen als verspätet erachtet und daher nicht mehr zugelassen hat

Das Bun­des­gericht befasste sich im Entscheid 4A_274/2013 mit der Frage, ob das aus dem Gehör­sanspruch fliessende Recht auf Beweis ver­let­zt wird, wenn das Schieds­gericht auf die Erhe­bung eines Beweis­es verzichtet, weil ein solch­er nicht rechtzeit­ig im Ver­fahren beantragt wird.

In einem Ver­fahren vor dem Tri­bunal Arbi­tral du Sport (“TAS”) beantragte der Beschw­erde­führer weit nach Ablauf der ver­fahren­srechtlich dafür vorge­se­henen Frist die Ein­ver­nahme eines bes­timmten Zeu­gen. Wenig später reichte der Beschw­erde­führer zudem drei schriftliche Zeu­ge­naus­sagen ein mit dem Antrag, diese im Ver­fahren zu berück­sichti­gen. Der Beschw­erde­führer begrün­dete die Ver­spä­tung nicht weit­er, son­dern behauptete pauschal, eine frühere Anrufung des Zeu­gen sei ihm nicht möglich gewe­sen und die fraglichen Doku­mente seien nicht früher erhältlich gewesen.

Das TAS teilte den Parteien mit, die vom Beschw­erde­führer nun­mehr angerufe­nen Zeu­gen seien in kein­er der bish­eri­gen Eingaben des Beklagten erwäh­nt und dieser habe in seinem Gesuch keine ausseror­dentlichen Umstände (“excep­tion­al cir­cum­stances”) nach R56 TAS-Code aufge­führt, die ihn daran gehin­dert hät­ten, diese Beweise innert der nach R55 TAS-Code vorgegebe­nen Frist zu beantra­gen. Entsprechend wies es den Antrag des Beschw­erde­führers ab.

Der Beschw­erde­führer beantragte vor dem Bun­des­gericht, den Schied­sentscheid des TAS aufzuheben mit der Begrün­dung, das Schieds­gericht habe sowohl das rechtliche Gehör als auch den Grund­satz der Gle­ich­be­hand­lung der Parteien ver­let­zt (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG).

Das Bun­des­gericht wies die Beschw­erde ab (E. 3.2):

Der Beschw­erde­führer verken­nt mit seinen Vor­brin­gen, dass das aus dem Gehör­sanspruch fliessende Recht auf Beweis nicht ver­let­zt wird, wenn das Schieds­gericht auf die Erhe­bung eines Beweis­es verzichtet, weil ein solch­er nicht rechtzeit­ig im Ver­fahren beantragt wird. Wie das TAS bere­its mit Schreiben vom 20. Sep­tem­ber 2012 fes­thielt, reichte der Beschw­erde­führer im Schiedsver­fahren keine Beru­fungsant­wort ein und rief entsprechend innert der nach R55 TAS-Code vorge­se­henen Frist auch keine Zeu­gen an. Erst am 13. März 2013, also knapp ein halbes Jahr später, beantragte er die Ein­ver­nahme des Vaters des betr­e­f­fend­en Fuss­ball­spiel­ers und reichte dem Schieds­gericht am 15. März 2013 weit­ere Doku­mente ein, ohne jedoch eine nachvol­lziehbare Begrün­dung für diese Ver­spä­tung vorzubringen.

Ent­ge­gen sein­er Behaup­tung vor Bun­des­gericht hat der Beschw­erde­führer im Schiedsver­fahren in kein­er Weise konkret dargelegt, weshalb er ausser­stande gewe­sen wäre, die fraglichen Beweise rechtzeit­ig vorzule­gen bzw. zu beantra­gen. Dem TAS ist unter diesen Umstän­den keine Ver­let­zung des rechtlichen Gehörs vorzuw­er­fen, wenn es die ange­bote­nen Beweis­mit­tel — so unter anderem die beantragte Ein­ver­nahme des Vaters des Fuss­ball­spiel­ers — in Anwen­dung der mass­geben­den Ver­fahrens­bes­tim­mungen (R55 f. TAS-Code) als ver­spätet erachtet und daher nicht mehr zuge­lassen hat.

Eben­so wenig gerecht­fer­tigt ist der Vor­wurf, das Schieds­gericht habe den Grund­satz der Gle­ich­be­hand­lung der Parteien ver­let­zt, indem es dem Antrag des Beschw­erdegeg­n­ers vom 21. Novem­ber 2012 auf Zulas­sung nachträglich­er Beweise stattgegeben habe. Ent­ge­gen der Behaup­tung in der Beschw­erde­schrift hat der Beschw­erdegeg­n­er in der erwäh­n­ten Eingabe dargelegt, weshalb es ihm unmöglich gewe­sen war, die fraglichen Doku­mente früher einzure­ichen. Daher kann von ein­er Mis­sach­tung des Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satzes keine Rede sein, wenn das TAS am 30. Jan­u­ar 2013 entsch­ied, die vom Beschw­erdegeg­n­er ein­gere­icht­en Doku­mente infolge ausseror­dentlich­er Umstände gemäss R56 TAS-Code im Ver­fahren zu berücksichtigen.