4A_233/2013: Begrenzte Effektivklauseln sind zulässig, sofern sie nicht übermässig in die Privatautonomie eingreifen (amtl. Publ.)

Die Regionale Par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion Plat­ten­leger, Sek­tion Zen­tralschweiz (Beschw­erde­führerin), stellte in einem Entscheid fest, die A. AG (Beschw­erdegeg­ner­in) habe gegen Bes­tim­mungen des teil­weise all­ge­mein­verbindlichen Gesam­tar­beitsver­trages für das Plat­ten­legergewerbe ver­stossen. Die A. AG habe namentlich gegen den Anhang Nr. 1 des GAV ver­stossen, wonach die effek­tiv­en Löhne aller der All­ge­mein­verbindlicherk­lärung unter­stell­ten Arbeit­nehmer bes­timmter Kat­e­gorien um CHF 100 erhöht wur­den. Der A. AG wur­den Kon­trol­lkosten, Neben- und Ver­fahren­skosten sowie eine Kon­ven­tion­al­strafe aufer­legt. Die A. AG hat­te verge­blich eingewen­det, die betrof­fe­nen Arbeit­nehmer hät­ten auf die im GAV vorge­se­hene Lohn­er­höhung verzichtet, was bei Vor­liegen ein­er begren­zten Effek­tivk­lausel zuläs­sig sei (E. 5).

Die Parteien zogen den Stre­it durch alle Instanzen. Das Bun­des­gericht prüfte die Zuläs­sigkeit der Beschw­erde, die Aktivle­git­i­ma­tion der Par­itätis­chen Beruf­skom­mis­sion und die Zuläs­sigkeit begren­zter Effektivklauseln.

Betr­e­f­fend die Zuständigkeit hielt das Bun­des­gericht fest, es liege keine arbeit­srechtliche Stre­it­igkeit i.S.v. Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG vor, weshalb die Stre­itwert­gren­ze von CHF 30’000 nicht erre­icht wurde. Das Bun­des­gericht trat aber den­noch auf die Beschw­erde ein, weil sich eine Rechts­frage von grund­sät­zlich­er Bedeu­tung stellte. Die Zuläs­sigkeit von Effek­tivk­lauseln ist in der Lehre umstrit­ten und das Bun­des­gericht hat­te sich bis jet­zt nicht aus­führlich dazu geäussert (Urteil 4A_233/2013 vom 24. Juni 2014, E. 1.3).

Zur Aktivle­git­i­ma­tion der Par­itätis­chen Beruf­skom­mis­sion stellte das Bun­des­gericht fest, dass es sich um einen Vere­in nach Art. 60 ff. ZGB han­delte, dem Rechtsper­sön­lichkeit zukommt (E. 1.2). Der Umfang der Aktivle­git­i­ma­tion richte sich nach den Kom­pe­ten­zen, die der Par­itätis­chen Beruf­skom­mis­sion durch den GAV zugewiesen werde (E. 2.1). Im konkreten Fall war der Beruf­skom­mis­sion die Befug­nis eingeräumt wor­den, Kon­ven­tion­al­strafen zu ver­hän­gen und einzuziehen sowie Ver­fahren­skosten aufzuer­legen (E. 2.2). Diese Kom­pe­ten­zen umfassten eine gerichtliche Gel­tend­machung der Kon­ven­tion­al­strafe, weshalb die Par­itätis­che Beruf­skom­mis­sion ins­ge­samt zur Beschw­erde aktivle­git­imiert war (E. 2.3 und 2.4).

Das Bun­des­gericht legte sodann den Unter­schied zwis­chen ein­er Effek­tiv­garantieklausel und ein­er begren­zten Effek­tivk­lausel dar (E. 3.1 und 3.2). Wird im GAV ein Ver­bot der Senkung des über­tar­i­flichen Lohns vorge­se­hen, liegt eine Effek­tiv­garantieklausel vor. Lässt sich dem GAV kein solch­es Ver­bot ent­nehmen, beste­ht nur eine begren­zte Effek­tivk­lausel (E. 3.3). Die strit­tige Klausel war deshalb eine begren­zte Effek­tivk­lausel (E. 3.4 und 3.5).

Schliesslich sah das Bun­des­gericht keine Gründe, die gegen die Zuläs­sigkeit der strit­ti­gen Klausel gesprochen hät­ten (E. 4.3). Begren­zte Effek­tivk­lauseln seien nur unzuläs­sig, wenn durch sie über­mäs­sig in die Frei­heit der Einzelvere­in­barung im über­tar­i­flichen Bere­ich einge­grif­f­en würde (E. 4.1.2). Das sei bei begren­zten Effek­tivk­lauseln nicht der Fall, da mit ihnen let­ztlich nur der Min­dest­lohn erhöht werde und weit­erge­hende Klauseln, wie z.B. die Anord­nung eines 13. Monats­ge­halt, als zuläs­sig erachtet wür­den (E. 4.1.3).

Somit wäre der Ein­wand der A. AG durchge­drun­gen, dass die betrof­fe­nen Arbeit­nehmer auf die Lohn­er­höhung verzichtet hät­ten. Betr­e­f­fend den behaupteten Lohn­verzicht  war jedoch kein Beweis abgenom­men wor­den, weshalb das Bun­des­gericht die Sache zur Ergänzung des Sachver­halts und neuer Entschei­dung an die Vorin­stanz zurück­wies (E. 5).