5D_46/2014: Eine interpretationsbedürftige Scheidungskonvention ist kein genügender Rechtsöffnungstitel (Art. 80 SchKG)

Das Bun­des­gericht hat im vor­liegen­den Urteil seine kon­stante Recht­sprechung hin­sichtlich inter­pre­ta­tions­bedürftiger „Recht­söff­nungsti­tel“ bestätigt.

Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde: Die Ehe zwis­chen X., geb. 1950, und Y., geb. 1949, war mit Urteil vom 7. Jan­u­ar 2009 geschieden wor­den. X. war im Urteil gestützt auf eine entsprechende Vere­in­barung in der Schei­dungskon­ven­tion verpflichtet wor­den, “[…] einen monatlichen nachehe­lichen Unter­halts­beitrag von Fr. 2’500.– bis zum Erre­ichen des ordentlichen AHV-Rentenal­ters des Ehe­gat­ten” zu bezahlen. Mit Abän­derung­surteil vom 16. Okto­ber 2012 wurde der nachehe­liche Unter­halt auf Fr. 1’650.– pro Monat her­abge­set­zt. Dabei wurde in der Begrün­dung erwäh­nt, im Urteil vom 7. Jan­u­ar 2009 sei “für die Ehe­frau ein Unter­halts­beitrag von Fr. 2’500.– bis zum Erre­ichen des ordentlichen AHV-Alters des Ehe­gat­ten (der Ehe­frau)” vere­in­bart worden.

Nach­dem Y. mit 64 Jahren ihr AHV-Alter erre­icht hat­te, stellte X. die Zahlun­gen ein. Y. leit­ete Betrei­bung ein und beantragte Recht­söff­nung. Das Bezirks­gericht wies das Recht­söff­nungs­begehren ab, weil aus dem Abän­derungsentscheid klar ersichtlich sei, dass mit der Beze­ich­nung “Ehe­gat­te” im Urteil vom 7. Jan­u­ar 2009 die Ehe­frau gemeint sei. Auf Beschw­erde von Y. hin erteilte das Kan­ton­s­gericht Wal­lis hinge­gen defin­i­tive Recht­söff­nung u.a. mit der Begrün­dung, der Begriff “Ehe­gat­te” werde üblicher­weise ver­wen­det, wenn ungewiss sei, ob die Ehe­frau oder der Ehe­mann betrof­fen sei. Wäre das AHV-Alter der Ehefrau mass­ge­blich gewe­sen, hät­ten die Parteien in der mit Urteil vom 7. Jan­u­ar 2009 genehmigten Vere­in­barung von “Ehe­gattin” gesprochen. Gegen dieses Urteil erhob X. eine sub­sidiäre Verfassungsbeschwerde.

Das Bun­des­gericht hielt zunächst fest, dass das Dis­pos­i­tiv eines Schei­dung­surteils, welch­es nicht auf ein­er eige­nen Anord­nung des Richters, son­dern auf ein­er Über­nahme der Schei­dungskon­ven­tion beruhe, wie ein Ver­trag, also nach dem Ver­trauen­sprinzip, auszule­gen sei (E. 2.1).

Anschliessend bestätigte das Bun­des­gericht, dass allfäl­lige Unklarheit­en im Dis­pos­i­tiv des Urteils bzw. in der Schei­dungskon­ven­tion nicht vom Recht­söff­nungsrichter beurteilt wer­den dür­fen. Vor­liegend sei der Text nicht ein­deutig bzw. ein „Ausle­gungs­be­darf“ sei nicht abzus­tre­it­en. Nach kon­stan­ter Recht­sprechung liege daher kein genü­gen­der Recht­söff­nungsti­tel vor und sei es nicht am Recht­söff­nungsrichter als reinem Voll­streck­ungsrichter, son­dern am Sachrichter, in materieller Hin­sicht für Klarheit zu sor­gen. Das Kan­ton­s­gericht sei in Willkür ver­fall­en, wenn es die Schei­dungskon­ven­tion aus­gelegt habe; bevor der Sachrichter den inter­pre­ta­tions­bedürfti­gen Recht­söff­nungsti­tel nicht gek­lärt habe, sei keine Recht­söff­nung möglich. Offen liess das Bun­des­gericht, ob dies im vor­liegen­den Fall durch materielle Klage oder im Rah­men ein­er Erläuterung erfol­gen müsse (E. 2.2). Die sub­sidiäre Ver­fas­sungs­beschw­erde wurde in der Folge gut­ge­heis­sen und das vorin­stan­zliche Urteil aufgehoben.