1C_414/2014: Altlastenrechtliche Massnahmen, die durch ein Bauvorhaben auf einem nicht sanierungsbedürftigen Standort ausgelöst werden, müssen vom Bund nicht abgegolten werden

Im Entscheid 1C_414/2014 vom 2. März 2015 befasste sich das BGer mit in der VASA (Verord­nung über die Abgabe zur Sanierung von Alt­las­ten, SR 814.681) normierten Abgaben. Auf ein­er Kehricht­de­ponie in der Gemeinde Wohlen wur­den im Zeitraum von 1955 bis 1975 ins­ge­samt unge­fähr 120’000 m3 Aushub, Bauschutt, Sied­lungs- und Gewer­be­abfälle sowie Gaswerkschlacke abge­lagert. Die Deponie ist Teil eines grösseren Are­als im Eigen­tum der A. AG und als überwachungs­bedürftiger Stan­dort im kan­tonalen Kataster der belasteten Stan­dorte einge­tra­gen. Im Zusam­men­hang mit der pro­jek­tierten Errich­tung ein­er Kühlhalle auf dem Deponi­e­s­tandort wur­den alt­las­ten­rechtliche Vorun­ter­suchun­gen durchge­führt, welche Kohlen­diox­id- und Methanwerte ergaben, die weit über den zuläs­si­gen Werten gemäss AltlV (Alt­las­ten-Verord­nung, SR 814.680) lagen. Zum Schutz der sich in der Kühlhalle befind­en­den Per­so­n­en wurde die Instal­la­tion eines geeigneten Schutzsys­tems zur Gasab­saugung und zur Abluft-Reini­gung ange­ord­net. Für die Kosten dieses Schutzsys­tems stellte der Kan­ton Aar­gau im Dezem­ber 2012 beim BAFU (Bun­de­samt für Umwelt) ein VASA-Abgel­tungs­ge­such, das abgelehnt wurde. Das BAFU führte zur Begrün­dung aus, dass der Stan­dort nicht sanierungs­bedürftig sei, da die erwäh­n­ten Schad­stof­fe­mis­sio­nen ohne die Errich­tung der geplanten Kühlhalle nicht an einen Ort gelan­gen kön­nten, an dem sich Per­so­n­en regelmäs­sig während län­ger­er Zeit aufhiel­ten (Art. 11 AltlV). Nach­dem das Bun­desver­wal­tungs­gericht den Stand­punkt des BAFU stützte, gelangte der Kan­ton Aar­gau an das BGer, welch­es die Beschw­erde abweist.

Zunächst äussert sich das BGer zur Sanierungspflicht nach Art. 32c Abs. 1 USG (Umweltschutzge­setz, SR 814.01):

Vor­liegend ist unbe­strit­ten, dass der belastete Stan­dort im heuti­gen Zus­tand hin­sichtlich des Schutzes von Per­so­n­en vor Luftverun­reini­gun­gen nicht sanierungs­bedürftig ist, da die Schad­stof­fe­mis­sio­nen nicht an einen Ort gelan­gen kön­nen, an dem sich Per­so­n­en regelmäs­sig während län­ger­er Zeit aufhal­ten. Gemäss Art. 3 lit. a AltlV darf ein Baupro­jekt nicht dazu führen, dass ein nicht sanierungs­bedürftiger Stan­dort zum Sanierungs­fall wird. Daraus ist zu schliessen, dass ein Baupro­jekt, welch­es wie die geplante Kühlhalle die Sanierungs­bedürftigkeit des Stan­dorts zur Folge hätte, dann zuläs­sig ist, wenn der Sanierungs­fall durch geeignete Mass­nah­men ver­hin­dert wird. Strit­tig ist, ob die vorge­se­henen Schutz­mass­nah­men (Gasab­saugung und Abluft-Reini­gung) als alt­las­ten­rechtliche Sanierungs­mass­nah­men zu qual­i­fizieren sind, deren Kosten im Sinne von Art. 32e Abs. 3 lit. b Ziff. 2 USG abgel­tungs­berechtigt sind (E. 2.2.).

Das BGer verneint diese Frage indem es aus­führt, dass die Notwendigkeit der Gefahren­ab­wehr durch Sanierungs­mass­nah­men bei beste­hen­den Alt­las­ten auss­er Frage ste­he. Bei Baupro­jek­ten hinge­gen habe der Bauherr die Wahl, das Baupro­jekt auszuführen und die zur Abwen­dung der Sanierungs­bedürftigkeit erforder­lichen Schutz­mass­nah­men zu tre­f­fen oder auf das Baupro­jekt zu verzicht­en bzw. dieses allen­falls zu mod­i­fizieren. Eine Notwendigkeit der Sanierung beste­he insoweit nicht.

Im zu beurteilen­den Fall ste­ht ein Baupro­jekt auf einem nicht sanierungs­bedürfti­gen Stan­dort in Frage, weshalb Art. 3 lit. a AltlV Anwen­dung find­et. Bei Ein­hal­tung der Voraus­set­zun­gen dieses Artikels liegt wed­er vor noch nach der Durch­führung des Baupro­jek­ts ein sanierungs­bedürftiger Stan­dort vor. Zweck der Mass­nah­men im Sinne dieser Bes­tim­mung ist nicht, eine Alt­last zu beseit­i­gen, son­dern die Entste­hung ein­er solchen […] zu ver­hin­dern (E. 2.3.3.).

Das BGer führt abschliessend aus, dass der Bund man­gels klar­er geset­zlich­er Grund­lage in den­jeni­gen Fällen, in denen kein Sanierungs­be­darf beste­he, nicht zur Leis­tung von Abgel­tun­gen verpflichtet sei.