2C_745/2014: Arbeitnehmer, die eine höhere leitende Tätigkeit ausüben (Art. 3 lit. d ArG)

Die A. SA mit Sitz in Genf betreibt einen kleinen Gemis­cht­waren­laden, der rund um die Uhr geöffnet ist (“l’ex­ploita­tion 24 heures sur 24 d’un com­merce de tabac, jour­naux, pro­duits et den­rées ali­men­taires”). B. ist alleiniger Ver­wal­tungsrat der A. SA. Um den Geschäfts­be­trieb aufrecht erhal­ten zu kön­nen, stellte die A. SA inner­halb eines Jahres zwei Per­so­n­en ein. Bei­de wur­den als Arbeit­nehmer gemeldet, die eine höhere lei­t­ende Tätigkeit gemäss Art. 3 lit. d ArG ausüben und deshalb vom per­sön­lichen Anwen­dungs­bere­ich des Arbeits­ge­set­zes grund­sät­zlich ausgenom­men sind.

Einige Monate später wurde zusät­zlich noch E. angestellt. Bei ein­er Inspek­tion wurde fest­gestellt, dass E. um 22.15 Uhr arbeit­ete, obwohl er nicht als Arbeit­nehmer mit höher­er lei­t­en­der Tätigkeit gemeldet wor­den war und auch nicht mit Zeich­nungs­befug­nis im Han­del­sreg­is­ter einge­tra­gen war. In der Folge ver­weigerte die zuständi­ge Behörde, E. als Arbeit­nehmer anzuerken­nen, der eine höhere lei­t­ende Tätigkeit ausübt. Das Bun­des­gericht bestätigte die ablehnende Auf­fas­sung der kan­tonalen Behör­den (Urteil 2C_745/2014 vom 27. März 2015).

Das Bun­des­gericht erin­nerte zunächst an seine bish­erige Recht­sprechung (E. 3.1). Danach stellte es fest, dass bei E. mehrere Kri­te­rien erfüllt waren. Um den Betrieb durchge­hend offen zu hal­ten, arbeit­ete E. alternierend zu B., dem alleini­gen Ver­wal­tungsrat der A. SA. E. war selb­ständig für den Verkauf und die Warenbestel­lun­gen zuständig. Sein Lohn (CHF 4’000) war gle­ich hoch wie der­jenige von B. E. war mit­tler­weile im Han­del­sreg­is­ter mit Einzelze­ich­nungs­befug­nis einge­tra­gen wor­den und befugt, Liefer­an­ten­rech­nun­gen zu bezahlen. E. hat­te auch einen weit­eren Arbeit­nehmer für die A. SA eingestellt. Trotz all dieser Indizien verneinte das Bun­des­gericht die Voraus­set­zun­gen für eine Anwen­dung von Art. 3 lit. d ArG (zum Ganzen E. 3.3).

E. übte seine Tätigkeit in einem Klei­n­un­ternehmen aus, bei dem alle Beschäftigten im Wesentlichen diesel­ben Arbeit­en auszuführen hat­ten (E. 3.3). Bei der­ar­ti­gen Ver­hält­nis­sen könne E. nicht als Arbeit­nehmer mit höher­er lei­t­en­der Tätigkeit gel­ten, zumal die A. SA sukzes­siv drei Arbeit­nehmer für seine Tätigkeit angestellt hat­te (E. 3.5). Alles andere würde gemäss Bun­des­gericht auf eine Umge­hung des Arbeits­ge­set­zes hin­aus­laufen (E. 3.4 und 3.5).