5A_248/2014: Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets, Art. 166 IPRG (amtl. Publ.)

Gemäss Art. 166 Abs. 1 IPRG wird ein aus­ländis­ches Konkurs­dekret, das am Wohn­sitz des Schuld­ners ergan­gen ist, auf Antrag anerkan­nt, wenn u.a. der Staat, in dem das Dekret ergan­gen ist, Gegen­recht hält. Im vor­liegen­den Entscheid war umstrit­ten, ob diese Voraus­set­zung bei den Nieder­lan­den erfüllt ist.

Grund­lage bildete fol­gen­der Sachver­halt: In der Nach­lassstun­dung der B AG, Zug, meldete die Mut­terge­sellschaft C AG, Rot­ter­dam, eine Forderung an. Diese Forderung wurde von den Sach­wal­tern pro­vi­sorisch zum Grossteil anerkan­nt und im Übri­gen bestrit­ten. Mit Urteil vom 6. August 2012 eröffnete das Landgericht Rot­ter­dam über die C AG das Insol­ven­zver­fahren und bestellte A zum Insolvenzverwalter.

Mit Entscheid vom 18. Feb­ru­ar 2013 bestätigte das Kan­ton­s­gericht Zug den von der B AG mit ihren Gläu­bigern abgeschlosse­nen Nach­lassver­trag. Für den Fall, dass die angemeldete Forderung der C AG im zu erstel­len­den Kol­loka­tion­s­plan zurück­gewiesen würde, soweit sie von den Sach­wal­tern bestrit­ten wor­den war, beab­sichtigt A, diesen Entscheid mit Kol­loka­tion­sklage anzufecht­en. Zu diesem Zweck will er das nieder­ländis­che Konkurs­dekret über die Mut­terge­sellschaft in der Schweiz anerken­nen lassen.

Das Kan­ton­s­gericht wie auch das Oberg­ericht Zug wiesen das Gesuch um Anerken­nung des Beschlusses des Landgerichts Rot­ter­dam vom 6. August 2012 über die Eröff­nung des Insol­ven­zver­fahrens ab, weil die Nieder­lande kein Gegen­recht im Sinne von Art. 166 Abs. 1 lit. c gewähren wür­den; u.a. könne ein schweiz­erisches Konkurs­dekret in den Nieder­lan­den nicht formell anerkan­nt wer­den und geste­he das nieder­ländis­che Recht dem­sel­ben die Wirkung des Konkurs­beschlages nicht zu, obwohl es diesen für inländis­che Konkurse kenne (E. 2).

Ein­lei­t­end erwog das Bun­des­gericht hierzu, Art. 166 Abs. 1 lit. c IPRG sei „in einem weit­en Sinn zu ver­ste­hen“, so dass „Gegen­seit­igkeit gegeben ist, wenn das Recht des betr­e­f­fend­en Staates die Wirkun­gen eines aus­ländis­chen Konkurs­es in ähn­lich­er — nicht in strikt iden­tis­ch­er — Weise anerken­nt“ (E. 4).

Nach umfassender Würdi­gung kam das Bun­des­gericht zum Schluss, dass zwar erhe­bliche Unter­schiede zwis­chen dem schweiz­erischen und dem nieder­ländis­chen Konkursrecht beste­hen wür­den. Allerd­ings dürften „die bei­den Konzepte unter Berück­sich­ti­gung sämtlich­er Fak­toren als dur­chaus gle­ich­w­er­tig gel­ten“ (E. 5). Hier­bei fiel ins­beson­dere ins Gewicht, dass ein aus­ländis­ch­er Konkursver­wal­ter in den Nieder­lan­den beispiel­sweise „eigene Klage- und Zwangsvoll­streck­ungsrechte [hat] und […] direkt auf die Ver­mö­genswerte des Gemein­schuld­ners in den Nieder­lan­den zugreifen [kann], und zwar auch auf diejeni­gen, welche bere­its von anderen Gläu­bigern mit Beschlag belegt sind, wobei dies­falls die betr­e­f­fend­en Gläu­biger vor­ab zu befriedi­gen sind.“ Ins­ge­samt dürfe das nieder­ländis­che Konzept, „auch wenn es sich tech­nisch in grund­sät­zlich­er Weise von dem­jeni­gen der Schweiz unter­schei­det, in qual­i­ta­tiv­er Hin­sicht als eben­bür­tig beze­ich­net wer­den“ (E. 5).

Demgemäss wurde die Beschw­erde insofern gut­ge­heis­sen und fest­gestellt, dass die Nieder­lande Gegen­recht im Sinn von Art. 166 Abs. 1 lit. c IPRG gewähren.