5A_80/2015: Pflicht zur Rechtshilfe unter Konkursämtern (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den, zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid äusserte sich das Bun­des­gericht zur Pflicht zur Recht­shil­fe unter Konkursämtern. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

Über die A. AG mit Sitz im Kan­ton Luzern war der Konkurs eröffnet wor­den. C., das einzige VR-Mit­glied der Schuld­ner­in und wohn­haft im Kan­ton Aar­gau, blieb den Ein­ladun­gen des Konkur­samtes Kriens auf dessen Amtsstelle zur Ein­ver­nahme unentschuldigt fern. Daraufhin war das Konkur­samt Kriens an das Konkur­samt Aar­gau, Amtsstelle Ober­ent­felden, gelangt und hat­te dieses um recht­shil­feweise Ein­ver­nahme von C. ersucht. Das Konkur­samt Aar­gau weigerte sich jedoch, die Ein­ver­nahme durchzuführen. Sowohl die untere wie auch die obere Auf­sichts­be­hörde wiesen Beschw­er­den des Konkur­samtes Kriens ab, weshalb das Konkur­samt Kriens ans Bun­des­gericht gelangte und beantragte, dass das Konkur­samt Aar­gau anzuweisen sei, die Ein­ver­nahme von C. recht­shil­feweise durchzuführen.

Das Bun­des­gericht erwog zunächst, dass das Konkur­samt Kriens zur Beschw­erde legit­imiert sei, soweit es um die Inter­essen der Masse und damit um solche der Gesamtheit der Gläu­biger gehe (E. 1; siehe auch den Entscheid des BGer 5A_90/2015).

In der Sache ging es um die Frage, ob das ersuchende Konkur­samt Kriens sich auf die Pflicht zur Recht­shil­fe zwis­chen Konkursämtern berufen kann, oder ob das ersuchte Konkur­samt Aar­gau die ver­langte Amt­shand­lung über­prüfen und ver­weigern darf. 

Das Bun­des­gericht stellte zunächst all­ge­meine Über­legun­gen zur Recht­shil­fe gemäss Art. 4 SchKG an (E. 3.1). Anschliessend erwog das Bun­des­gericht, dass die „Ein­ver­nahme des Schuld­ners durch das Konkur­samt […] zweifels­frei eine Amt­shand­lung [ist], welche ausser­halb seines Amt­skreis­es nicht direkt möglich ist. Zur Ein­ver­nahme des Schuld­ners ausser­halb seines Amt­skreis­es muss daher das Konkur­samt die Recht­shil­fe beanspruchen.“ Daher sei das requiri­erte Amt gestützt auf Art. 4 Abs. 1 SchKG zur ver­langten Tätigkeit verpflichtet (E. 3.2.1).

Das Argu­ment der Vorin­stanz, die Präsen­zpflicht des Schuld­ners könne gemäss Art. 229 SchKG durch polizeiliche Zuführung erzwun­gen wer­den, so dass die Amt­shil­fe des Konkur­samtes Aar­gau gar nicht nötig sei, wurde hinge­gen ver­wor­fen, da Art. 229 SchKG die Mitwirkungspflicht des Schuld­ners gegenüber dem Konkur­samt regle (E. 3.2.2). Fern­er erwog das Bun­des­gericht, dass „das requiri­erte Amt — aus der dargelegten Pflicht zur Recht­shil­fe her­aus (E. 3.2) — die geset­zliche Zuläs­sigkeit der ver­langten Amt­shand­lung all­ge­mein und seit jeher nicht zu unter­suchen habe, „[…] son­dern die Berechtigten betrei­bungsrechtliche Beschw­erde gegen die Anord­nung der betr­e­f­fend­en Amt­shand­lung im Kan­ton der requiri­eren­den Behörde erheben kön­nen“ (E. 3.3.1). Auch gestützt auf weit­ere Über­legun­gen zur Auf­sichts­befug­nis der Auf­sichts­be­hör­den (E. 3.3.2) kam das Bun­des­gericht zum Schluss, dass es gegen Bun­desrecht ver­stösst, wenn die Vorin­stanz entsch­ied, das Konkur­samt Aar­gau habe den Recht­shil­feauf­trag des Konkur­samtes Kriens zurück­weisen dür­fen. Demgemäss wurde die Beschw­erde gut­ge­heis­sen und das Konkur­samt Aar­gau angewiesen, den Recht­shil­feauf­trag des Konkur­samtes Kriens auszuführen.