1C_589/2014: Das BGer folgt der Kritik des BAFU an einem Lärmgutachten des Kantons Zug und weist die Sache an die Vorinstanz zurück

Im Urteil vom 3. Feb­ru­ar 2016 musste sich das BGer zur Frage äussern, ob die Her­ab­set­zung der Höch­st­geschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h die Lär­mim­mis­sio­nen an der Graben­strasse in Zug wahrnehm­bar ver­min­dern würde. Anlass zum vor­liegen­den Urteil gab das Urteil des BGer 1C_45/2010 vom 9. Sep­tem­ber 2010, mit welchem das Tief­bauamt des Kan­tons Zug angewiesen wurde, die Auswirkun­gen ein­er Geschwindigkeit­sre­duk­tion auf die Lär­mim­mis­sio­nen zu prüfen. Das entsprechende Gutacht­en kam zum Schluss, dass mit der Sig­nal­i­sa­tion ein­er reduzierten Geschwindigkeit keine Verbesserung der Umwelt­be­las­tung erre­icht wer­den könne. Gegen die neu aufgelegten Pro­jek­tun­ter­la­gen erhoben einige Anwohn­er Ein­sprache und in der Folge Beschw­erde beim BGer. Sie beantragten u.a., dass auf der Graben­strasse eine zuläs­sige Höch­st­geschwindigkeit von 30 km/h zu sig­nal­isieren sei. Das BGer heisst die Beschw­erde teil­weise gut und weist die Sache zur neuen Beurteilung an die Baudi­rek­tion des Kan­tons Zug zurück.

Zunächst hält das BGer fest, dass die all­ge­meine Höch­st­geschwindigkeit von 50 km/h innerorts von der zuständi­gen Behörde für bes­timmte Strassen­streck­en auf Grund eines Gutacht­ens her­abge­set­zt wer­den könne (Art. 32 Abs. 3 SVG, SR 741.01). Dies sei ins­beson­dere zuläs­sig, wenn dadurch eine im Sinne der Umweltschutzge­set­zge­bung über­mäs­sige Umwelt­be­las­tung (Lärm, Schad­stoffe) ver­min­dert wer­den könne (Art. 108 Abs. 2 lit. d SSV, SR 741.21). Dabei sei der Grund­satz der Ver­hält­nis­mäs­sigkeit zu wahren. Vor der Fes­tle­gung von abwe­ichen­den Höch­st­geschwindigkeit­en werde durch ein Gutacht­en abgek­lärt, ob die Mass­nahme nötig, zweck- und ver­hält­nis­mäs­sig sei oder ob andere Mass­nah­men vorzuziehen seien. 

Das vom Tief­bauamt des Kan­tons Zug in Auf­trag gegebene Gutacht­en kommt zum Ergeb­nis, dass die mit der Sig­nal­i­sa­tion von 30 km/h erziel­bare Lärm­re­duk­tion von 0.1 bis 0.2 dB[A] akustisch unbe­deu­tend und lärm­rechtlich irrel­e­vant sei. Indessen gelangt das BAFU (Bun­de­samt für Umwelt) auf­grund eigen­er Berech­nun­gen zum Schluss, dass eine Reduk­tion des Beurteilungspegels von 2 db[A] möglich sei und eine Reduk­tion in dieser Grössenord­nung eine Geschwindigkeit­sre­duk­tion recht­fer­tige. Die Kri­tik des BAFU wird von der EMPA (Eid­genös­sis­che Mate­ri­al­prü­fungs- und Forschungsanstalt) geteilt.

Das BGer hält abschliessend fest, dass auf­grund der Kri­tik von BAFU und EMPA erhe­bliche Anhalt­spunk­te dafür vor­lä­gen, dass das vom Tief­bauamt des Kan­tons Zug in Auf­trag gegebene Gutacht­en das Lär­m­min­derungspoten­zial von Tem­po 30 unter­schätzt habe. Es erscheine plau­si­bel, dass an der Graben­strasse in Zug ausser­halb der Spitzen­stun­den, vor allem nachts, ein Poten­zial für Geschwindigkeits- und Lär­m­min­derun­gen beste­he, da die von 85 % aller Verkehrsteil­nehmer gefahrene Geschwindigkeit in der Nacht nur knapp unter der Höch­st­geschwindigkeit von 50 km/h liege. Eine Rück­weisung zur ergänzen­den Abklärung recht­fer­tige sich unter diesen Umständen.

Vgl. dazu auch die Berichter­stat­tung in der NZZ vom 16. März 2016.