4A_492/2015: Gültigkeit statutarischer Schiedsklauseln (amtl. Publ.)

Mit Entscheid 4A_492/2015 vom 25. Feb­ru­ar 2016 befasste sich das Bun­des­gericht mit der Frage, ob eine statu­tarische Schied­sklausel auch neu ein­tre­tende Mit­glieder eo ipso mit dem Erwerb eines vorbeste­hen­den Mit­glied­schaft­san­teils bindet.

Das Bun­des­gericht stellte die fol­gen­den Über­legun­gen an (E. 3.4.3.):

Zur Gültigkeit statu­tarisch­er Schied­sklauseln unter dem 12. Kapi­tel IPRG hat sich das Bun­des­gericht bish­er nur punk­tuell geäussert. Im bere­its erwäh­n­ten Urteil 4P.113/2001 vom 11. Sep­tem­ber 2001, wo es — wie im vor­liegen­den Fall — um die Gültigkeit ein­er Schied­sklausel in der Nutzungs- und Ver­wal­tung­sor­d­nung bezüglich eines neuen Miteigen­tümers ging, hielt das Bun­des­gericht fest, dass eine statu­tarische Schied­sklausel die ursprünglichen Miteigen­tümer binde, welche die entsprechen­den Statuten ver­ab­schiedet und unterze­ich­net haben. Neue Miteigen­tümer seien hinge­gen nur dann an die Schied­sklausel gebun­den, wenn sie diese in Textform akzep­tieren (…). Ein solch­es nach Art. 178 Abs. 1 IPRG for­mgültiges Akzept liege dabei spätestens dann vor, wenn sich der neue Miteigen­tümer als Schied­skläger in sein­er (schriftlichen) Schied­sklage auf die Schied­sklausel beruft (…). 
In der heuti­gen Lehre sowohl zum IPRG als auch zur ZPO wird mehrheitlich vertreten, dass statu­tarische Schied­sklauseln zunächst die Grün­dungsmit­glieder binden, welche die Statuten unterze­ich­net haben, weit­er aber auch neu ein­tre­tende Mit­glieder eo ipso mit dem Erwerb eines vorbeste­hen­den Mit­glied­schaft­san­teils (z.B. Aktien oder Stam­man­teile), ohne dass im Erwerb­sakt in Textform aus­drück­lich auf die Statuten geschweige denn die Schied­sklausel ver­wiesen wer­den müsste. Nur wo die Mit­glied­schaft nicht an den Erwerb eines vorbeste­hen­den Mit­glied­schaft­san­teils gebun­den ist (und insoweit kein Recht­snach­fol­ge­tatbe­stand vor­liegt), wie etwa bei einem Beitritt zu einem Vere­in oder ein­er Genossen­schaft, bedürfe es in der Beitrittserk­lärung auch noch eines Glob­alver­weis­es auf die Statuten (…). Einzelne Autoren sind noch lib­eraler und wollen auch im let­zteren Fall einen in Textform nach­weis­baren Beitrittsakt genü­gen lassen, ohne dass dabei auch noch (glob­al) auf die Statuten zu ver­wiesen wer­den bräuchte (…). 
Auch in der älteren aktien­rechtlichen Lehre wurde vertreten, dass sich ein Aktionär bere­its mit dem Erwerb ein­er Aktie der statu­tarischen Schied­sklausel unter­w­erfe (…). Diese Auf­fas­sung wird freilich von BÖCKLI aus aktien­rechtlich­er Sicht in Frage gestellt: Er ist der Auf­fas­sung, dass der Verzicht auf die staatlichen Gerichte und die Unter­w­er­fung unter ein Schieds­gericht verpflich­t­en­den Charak­ter aufweise und damit in einem Span­nungs­feld zum aktien­rechtlichen Grund­satz ste­he, wonach ein Aktionär zu nichts anderem verpflichtet sei als zur Liberierung sein­er Aktien. Nach BÖCKLI muss ein Aktionär daher ein­er statu­tarischen Schied­sklausel aus­drück­lich zus­tim­men, damit sie ihm gegenüber Wirk­samkeit ent­fal­tet (…). Die gle­ichen aktien­rechtlichen Über­legun­gen stellen auch BÜCHLER und VON DER CRONE an, die eben­falls eine aus­drück­liche Zus­tim­mung zur Schied­sklausel ver­lan­gen (…). In der Geset­zge­bung zeich­net sich indessen eine gegen­teilige Entwick­lung ab, welche der Hal­tung der oben referierten zivil­prozes­sualen Lit­er­atur entspricht: Gemäss Art. 697l Abs. 1 des Voren­twurfs des Bun­desrats vom 28. Novem­ber 2014 zur Änderung des Oblig­a­tio­nen­rechts (Aktien­recht) kön­nen die Statuten für die Beurteilung gesellschaft­srechtlich­er Stre­it­igkeit­en ein Schieds­gericht vorse­hen; diese statu­tarische Schied­sklausel ist “gegenüber allen Aktionären, der Gesellschaft und den Orga­nen verbindlich”. Ausweis­lich des Erläutern­den Berichts zum Voren­twurf (S. 117 f.) soll damit ent­ge­gen den Bedenken in der aktien­rechtlichen Lit­er­atur “eine klare geset­zliche Grund­lage für statu­tarische Schied­sklauseln” geschaf­fen wer­den; “neu hinzuk­om­mende Aktionärin­nen und Aktionäre” wür­den “mit dem Erwerb der Aktionärsstel­lung  ipso iure der Schied­sklausel” unter­liegen; ein “zusät­zlich­es Zus­tim­mungs- und For­mer­forder­nis” beste­he nicht. Der Vorschlag des Bun­desrats wurde in der Vernehm­las­sung mehrheitlich begrüsst (…). 
Das Bun­des­gericht brauchte die Frage im vor­liegen­den Fall nicht abschliessend zu beurteilen (E. 3.4.4.):
Vor­liegend hat die Beschw­erdegeg­ner­in mit der Ein­re­ichung des Gesuchs vom 25. Okto­ber 2013 an das Bezirks­gericht Höfe um Ernen­nung eines Schied­srichters aus­drück­lich und in Textform ihre Zus­tim­mung zur Schied­sklausel bekun­det. An diese ist selb­stre­dend auch der Beschw­erde­führer gebun­den, der die Schied­sklausel bei der Ver­ab­schiedung der Nutzungs- und Ver­wal­tung­sor­d­nung eigen­händig unterze­ich­net hat. Er macht zwar in sein­er Beschw­erde gel­tend, dass er nur gegenüber C.________, also dem Rechtsvorgänger der Beschw­erdegeg­ner­in, eine Schiedsvere­in­barung abgeschlossen habe. Dieser Ein­wand geht aber fehl, ist es doch ger­ade die Eigen­heit statu­tarisch­er Schied­sklauseln, dass diese nicht nur gegenüber den anderen Grün­dungsmit­gliedern verbindlich sind, son­dern auch gegenüber deren Recht­snach­fol­gern (…). Im vor­liegen­den Fall haben dies C.________ und der Beschw­erde­führer in Ziff. V.2 und V.3 des Ver­wal­tungsre­gle­ments auch noch aus­drück­lich vere­in­bart: Danach soll dieses Regle­ment (dessen Bestandteil die in Ziff. IV enthal­tene Schied­sklausel bildet) für alle Recht­snach­fol­ger an der Liegen­schaft GBBl. zzzzz verbindlich sein, wobei die Miteigen­tümer verpflichtet sind, ihren Recht­snach­fol­gern die regle­men­tarischen Verpflich­tun­gen zu überbinden. Inwiefern damit die Schied­sklausel für den Beschw­erde­führer gegenüber der Recht­snach­fol­gerin von C.________ nicht mehr bindend sein soll, ist unerfindlich.