2C_586/2015: Ausübung des Willensvollstreckeramtes im Nachlass eines Anwalts durch einen Anwalt / Voraussetzungen für Entbindung vom Anwaltsgeheimnis (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 9. Mai 2016 befasste sich das BGer mit Recht­san­walt C., welch­er im vorin­stan­zlichen Ver­fahren als vom ver­stor­be­nen Recht­san­walt D. als Wil­lensvoll­streck­er einge­set­zter Anwalt um Ent­bindung vom Anwalts­ge­heim­nis zur Durch­set­zung ein­er aus dem anwaltlichen Nach­lass stam­menden Hon­o­rar­forderung ersuchte. Die kan­tonale Auf­sicht­skom­mis­sion über die Recht­san­wälte des Kan­tons Zug hiess das Gesuch von Recht­san­walt C. gut. Dage­gen gelangte Recht­san­walt A., gegen welchen sich die Hon­o­rar­forderung richtet, bis vor BGer, das die Beschw­erde abweist.

Das BGer befasst sich zunächst mit der Frage, inwiefern die Iden­tität des Schuld­ners der Hon­o­rar­forderung und weit­ere Infor­ma­tio­nen im Zusam­men­hang mit dem inzwis­chen been­de­ten Man­datsver­hält­nis (zwis­chen Recht­san­walt D. und Recht­san­walt A.) dem Anwalts­ge­heim­nis unterstehen:

Set­zt ein Anwalt zu Lebzeit­en einen Beruf­skol­le­gen tes­ta­men­tarisch als Wil­lensvoll­streck­er in seinen Nach­lass ein, ist mit der Annahme dieses Amtes impliz­it die Auflage ver­bun­den, sämtliche in Ausübung dieses Amtes wahrgenomme­nen Infor­ma­tio­nen, die im Zusam­men­hang mit der anwaltlichen Tätigkeit […] des Erblassers ste­hen, Drit­ten gegenüber ver­traulich zu behan­deln, zumal der Erblass­er ihm diese zu Lebzeit­en vor­be­hältlich eines Recht­fer­ti­gungs­grun­des nicht hätte anver­trauen kön­nen […]. Die Ausübung des Amtes als Wil­lensvoll­streck­er im Nach­lass eines Anwaltes ist, aus­geübt durch einen Anwalt, demzu­folge auch als eine beruf­sspez­i­fis­che anwaltliche Tätigkeit zu qual­i­fizieren, weshalb sämtliche in Ausübung des Wil­lensvoll­streck­er­amtes wahrgenomme­nen Infor­ma­tio­nen, welche in Zusam­men­hang mit der anwaltlichen Tätigkeit des Erblassers ste­hen, vom Beruf­s­ge­heim­nis des als Wil­lensvoll­streck­er täti­gen Anwalts (Art. 13 BGFA) erfasst wer­den (E. 3.3.2.).

Sodann prüft das BGer, ob Recht­san­walt C. durch die Vorin­stanz zu Recht vom Anwalts­ge­heim­nis ent­bun­den wor­den ist:

Für die Inter­essen­ab­wä­gung ist zu beacht­en, dass eine Anwältin oder ein Anwalt zwar regelmäs­sig über ein schutzwürdi­ges Inter­esse an der Ent­bindung zwecks Ein­trei­bung offen­er Hon­o­rar­forderun­gen ver­fügt […]. Diesem Inter­esse ste­ht grund­sät­zlich das insti­tu­tionell begrün­dete Inter­esse an der Wahrung der Ver­traulichkeit […] wie auch, je nach Kon­stel­la­tion, das indi­vid­ual-rechtliche Inter­esse […] des Klien­ten auf Geheimhal­tung der Man­dats­beziehung sowie sämtlich­er, damit in Zusam­men­hang ste­hen­der Infor­ma­tio­nen ent­ge­gen, zumal Behör­den und Gericht­en eine eigentliche Anzeigepflicht obliegen kann (E. 4.3.3.).

Das BGer kommt zum Schluss, dass Recht­san­walt C. im vor­liegen­den Fall über ein eigenes Inter­esse an der Ent­bindung vom Beruf­s­ge­heim­nis ver­füge, da er als Wil­lensvoll­streck­er verpflichtet sei, in Ausübung seines Amtes sich im Nach­lass befind­liche offene Forderun­gen einzutreiben. Dass es sich nicht um eigene Hon­o­rar­forderun­gen han­dle, sei irrel­e­vant. Auf der anderen Seite habe Recht­san­walt A. nicht ansatzweise gel­tend gemacht, dass ein­er Ent­bindung vom Beruf­s­ge­heim­nis irgend­wie geart­ete berechtigte Geheimhal­tungsin­ter­essen ent­ge­gen­ste­hen wür­den, weshalb sich die Beschw­erde als unbe­grün­det erweise.