1C_455/2016: Kantone können in einen Abstimmungskampf auf Bundesebene eingreifen, wenn sie ein unmittelbares und besonderes Interesse am Abstimmungsgegenstand haben (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Urteil vom 14. Dezem­ber 2016 befasste sich das BGer mit ein­er Beschw­erde gegen die eid­genös­sis­che Volksab­stim­mung über das Bun­des­ge­setz über den Nachrich­t­en­di­enst (Nachrich­t­en­di­en­st­ge­setz, NDG). Die Vor­lage wurde gemäss den vor­läu­fi­gen amtlichen Endergeb­nis­sen mit 65.5 % Ja-Stim­men angenom­men. Im Vor­feld der Abstim­mung erhob Daniel Sal­va­tore Muster Beschw­erde an den Regierungsrat des Kan­tons Zürich und beantragte, dass die bevorste­hende Abstim­mung in sämtlichen Kan­to­nen auszuset­zen bzw. für ungültig zu erk­lären sei. Zur Begrün­dung machte er gel­tend, dass die Medi­en­mit­teilun­gen des Kan­tons Zürich und der Ostschweiz­er Jus­tiz- und Polizei­di­rek­torenkon­ferenz (OJPD) unzuläs­sige Ein­mis­chun­gen in den Abstim­mungskampf auf Bun­de­sebene darstell­ten. Sowohl der Regierungsrat als auch das BGer weisen die Beschw­erde von Daniel Muster ab.

Das BGer hält fest, dass sich die Zuläs­sigkeit der Inter­ven­tion eines Kan­tons im Rah­men von Abstim­mungen auf Bun­de­sebene danach entschei­de, ob er am Aus­gang der Abstim­mung ein unmit­tel­bares und beson­deres Inter­esse habe, das jenes der übri­gen Kan­tone deut­lich über­steigt. Ein der­ar­tiges Inter­esse sei vor­wiegend in jenen Fällen denkbar, wo es direkt oder indi­rekt um ein konkretes Pro­jekt gehe, namentlich um Infra­struk­tur­pro­jek­te. Ein unmit­tel­bares und beson­deres Inter­esse sei aber auch bei generell-abstrak­ten Vor­la­gen nicht von vorn­here­in ausgeschlossen.

In Bezug auf die Medi­en­mit­teilung des Kan­tons Zürich sagt das BGer folgendes:

[…] Grossan­lässe find­en im Kan­ton Zürich beson­ders häu­fig statt und unstrit­tig ver­fügt dieser über den grössten Flughafen und den grössten Bahn­hof in der Schweiz. Zwar find­en sich etwa Fuss­ball­sta­di­en, Konz­ert- und Messe­hallen auch ander­swo, doch weist der Kan­ton Zürich eine beson­ders hohe Konzen­tra­tion an der­ar­ti­gen Anla­gen auf. Insofern erweist er sich als gegenüber ter­ror­is­tis­chen Anschlä­gen beson­ders ver­let­zlich, was der Regierungsrat in sein­er Medi­en­mit­teilung denn auch dargelegt hat. Bei Kan­to­nen, die wie Zürich am Aus­gang der Abstim­mung ein der­ar­tiges unmit­tel­bares Inter­esse besitzen, ist die erforder­liche beson­dere Betrof­fen­heit zu beja­hen. (E. 5.2.)

Im Unter­schied zur Inter­ven­tion des Kan­tons Zürich sei die Medi­en­mit­teilung der OJPD — so das BGer — nicht auf­grund ein­er beson­deren Betrof­fen­heit erfol­gt. Vielmehr unter­stütze sie die Vor­lage des Bun­des für ein Nachrich­t­en­di­en­st­ge­setz aus sicher­heit­spoli­tis­chen Erwä­gun­gen. Die Inter­ven­tion der OJPD sei deshalb unzulässig.

Da es aus­geschlossen wer­den könne, dass der Inter­ven­tion der OJPD im Abstim­mungskampf eine auss­chlaggebende Bedeu­tung zugekom­men sei (Ja-Stim­menan­teil von fast zwei Drit­teln), komme eine Aufhe­bung der Abstim­mung aber nicht in Betracht.