2C_625/2016: Pflicht zur Herausgabe von Arbeitsverträgen, Lohnabrechnungen und Arbeitszeitrapporten; Untersuchungsbefugnisse der tripartiten Kommissionen

Die Arbeit­skon­troll­stelle für den Kan­ton Zürich (AKZ) führte auf ein­er Baustelle eine Kon­trolle der Lohn- und Arbeits­be­din­gun­gen durch. Am Ein­sat­zort angetrof­fen und kon­trol­liert wurde unter anderem der por­tugiesis­che Staat­sange­hörige A., Angestell­ter der X. AG mit Sitz im Kan­ton Zürich.

Im Nach­gang zur Baustel­lenkon­trolle forderte die AKZ die X. AG zur Edi­tion divers­er Unter­la­gen betr­e­f­fend die Lohn- und Arbeits­be­din­gun­gen von A. auf. Die X. AG liess die ange­set­ze Frist indessen unbe­nutzt ver­stre­ichen, worauf das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kan­tons Zürich (AWA) die Zustel­lung von Kopi­en des Arbeitsver­trages, der Lohnabrech­nun­gen und der Arbeit­szeitrap­porte ver­fügte und bei Nicht­be­fol­gung Strafanzeige wegen Unge­hor­sams gegen amtliche Ver­fü­gun­gen androhte.

Den dage­gen erhobe­nen Rekurs wies die Volk­swirtschafts­di­rek­tion des Kan­tons Zürich ab. Das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Zürich hiess demge­genüber die von der X. AG erhobene Beschw­erde gut und verneinte eine Her­aus­gabepflicht. Gegen diesen Entscheid erhob das Eid­genös­sis­che Dep­tarte­ment für Wirtschaft, Bil­dung und Forschung Beschw­erde ans Bun­des­gericht. Das Bun­des­gericht hiess die Beschw­erde gut, hob das ange­focht­ene Urteil des Ver­wal­tungs­gerichts auf und bestätigte die Ver­fü­gung des AWA (Urteil 2C_625/2016 vom 12. Dezem­ber 2016).

Das Bun­des­gericht hat­te zu klären, ob den tri­par­titen Kom­mis­sio­nen und ihren Hil­f­sper­so­n­en gestützt auf Art. 360b Abs. 5 Satz 1 OR nicht nur ein Ein­sicht­srecht in alle Doku­mente, die für die Durch­führung von arbeits­mark­tlichen Unter­suchun­gen notwendig sind, zuste­ht, son­dern ob sie auch berechtigt sind, die Arbeit­ge­ber zu verpflicht­en, diese Doku­mente an sie her­auszugeben (E. 2.4). Das Bun­des­gericht bejahte eine Her­aus­gabepflicht (E. 3.8).

Im Wesentlichen erwog das Bun­des­gericht, die tri­par­titen Kom­mis­sio­nen und deren Hil­f­sper­so­n­en seien mit bre­it­en Unter­suchungskom­pe­ten­zen aus­ges­tat­tet (E. 2.3). Sie seien befugt, sich alle erforder­lichen Infor­ma­tio­nen zu beschaf­fen, um sich ein genaues Bild der arbeits­mark­tlichen Sit­u­a­tion zu machen (E. 3.3).

Art. 7 Abs. 2 EntsG, der eine Her­aus­gabepflicht der Arbeit­ge­ber aus­drück­lich vor­sieht, könne (direkt oder ana­log) auf die Tätigkeit der tri­par­titen Kom­mis­sio­nen bei arbeits­mark­tlichen Kon­trollen ange­wandt wer­den (E. 3.5). Das Entsendege­setz und Art. 360 ff. OR wür­den eine gemein­same Entste­hungs­geschichte haben und wür­den eine geset­zliche Grund­lage bilden, um Sozial- bzw. Lohn­dump­ing zu Las­ten der Arbeit­nehmenden in der Schweiz zu ver­hin­dern. Dabei wür­den seit dem 1. Jan­u­ar 2013 alle Arbeit­ge­ber, die in der Schweiz Arbeit­nehmer beschäfti­gen, ob entsandt oder nicht, in Bezug auf die in Nor­malar­beitsverträ­gen vorge­se­henen Min­destlöhne, gle­ich behan­delt (E. 3.4). Dies alles spreche für einen möglichst bre­it­en Anwen­dungs­bere­ich des Entsendege­set­zes (E. 3.5 und 3.6).

Weit­er erwog das Bun­des­gericht, gemäss Art. 8 BGSA kön­nten die tri­par­titen Kom­mis­sio­nen zur Bekämp­fung von Schwarzarbeit Per­so­n­en und Betriebe kon­trol­lieren und dabei alle für den Kon­trol­lauf­trag erforder­lichen Unter­la­gen her­ausver­lan­gen. Für das Bun­des­gericht war nicht ersichtlich, weshalb den Kon­trolleuren im Bere­ich der Bekämp­fung von Schwarzarbeit andere Befug­nisse zukom­men soll­ten, als beim Vol­lzug flankieren­der Mass­nah­men zum Schutz der schweiz­erischen Lohn- und Arbeits­be­din­gun­gen (zum Ganzen E. 3.7).