Das Bundesgericht bestätigte in diesem Urteil die Geltung der absoluten Empfangstheorie im Zusammenhang mit der Kündigung eines Mietverhältnisses.
Der Sachverhalt präsentierte sich wie folgt: Der Vermieter kündigte am 29. November 2013 mit amtlichem Formular das Mietverhältnis. Ferienbedingt konnten die Mieter die Kündigung nicht entgegennehmen. Der Postbote legte deshalb am 2. Dezember 2013 eine Abholeinladung in deren Briefkasten. Die Mieter fanden diese Abholeinladung erst am letzten Tag der Abholfrist (9. Dezember 2013) zu einem so späten Zeitpunkt, dass der Gang zur Post nicht mehr möglich war. Am 23. Januar 2014 sandte der Vermieter den Mietern mit einfachem Schreiben eine Kopie der Kündigung vom 29. November 2013 und wies diese darauf hin, dass die Kündigung am letzten Tag der Abholeinladung als zugestellt gelte und dementsprechend ihre volle Wirksamkeit entfalte. Die Mieter leiteten daraufhin am 7. Februar 2014 das Begehren um Anfechtung der Kündigung ein.
Das erstinstanzliche Gericht erklärte die Klage für unzulässig. Es erwog, die Kündigung sei bei den Mietern am Tag nachdem die Abholeinladung in deren Briefkasten gelegt worden war eingegangen; also am 3. Dezember 2013. Das Anfechtungsbegehren der Mietern vom 7. Februar 2014 sei deshalb verspätet erfolgt.
Die kantonale Rechtsmittelinstanz hob dieses Urteil auf, erklärte die Kündigungsanfechtung der Mieter für zulässig und wies die Angelgenheit zur Beurteilung an die Erstinstanz zurück. Es erwog insbesondere, dass die Mieter die Kündigung gar nicht hatten abholen können und zudem gar nicht mit einer Sendung des Vermieter hatten rechnen müssen.
Das Bundesgericht erinnerte an die bisher ergangene Rechtsprechung, wonach bei der Zustellung der Kündigung im Mietrecht die uneingeschränkte Empfangstheorie gelte (v.a. BGE 140 III 244, E. 5; BGE 137 III 208, E. 3.1.2) und wonach der Anfang des Fristenlaufs dem Zeitpunkt entspreche, in welchem die Willensäusserung in den Machtbereich des Empfängers oder seines Vertreters gelangt sei, so dass der Adressat bei normaler Organisation seines Geschäftsverkehrs in der Lage sei, davon Kenntnis zu nehmen (BGE 137 III 208, E. 3.1.2). Bei einem eingeschriebenen Brief gelte, wenn ihn der Postbote dem Adressaten oder einem zur Entgegennahme der Sendung ermächtigten Dritten nicht tatsächlich aushändigen konnte und er im Briefkasten oder im Postfach des Adressaten eine Abholungseinladung hinterlässt, dass die Sendung zugegangen sei, sobald der Empfänger gemäss Abholungseinladung bei der Poststelle davon Kenntnis nehmen könne; dabei handle es sich um den selben Tag, an dem die Abholungseinladung im Briefkasten hinterlegt wurde, wenn vom Adressaten erwartet werden könne, dass er die Sendung sofort abholt, andernfalls in der Regel um den darauf folgenden Tag (BGE 137 III 208, E. 3.1.2). Die im Zivilprozess geltende Zustellungsfiktion (Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO) gelte nicht für die Fristen des materiellen Rechts. Das Bundesgericht erinnerte zudem daran, dass das System der absoluten Empfangstheorie den gegensätzlichen Interessen der beiden Parteien, also denen des Absenders und des Empfängers, in ausgewogener Weise Rechnung trage. Der Absender trage das Risiko der Übermittlung der Sendung bis zum Zeitpunkt, in welchem sie in den Machtbereich des Adressaten gelangt, während dieser innerhalb seines Machtbereichs das Risiko trage, dass er von der Mitteilung verspätet beziehungsweise überhaupt nicht Kenntnis erhalte. Dieses Gleichgewicht wäre gestört, wenn die relative Empfangstheorie uneingeschränkt zur Anwendung käme (zum Ganzen E. 4.1).
Diese Rechtsprechung bedeute — so das Bundesgericht weiter -, dass ein Mieter eine Abholeinladung der Post nicht einfach ignorieren dürfe, wenn er ferienbedingt eine eingeschriebene Sendung nicht entgegennehmen könne. Und dies auch dann nicht, wenn er gar keine Möglichkeit habe, innert der Abholfrist die Sendung bei der Post in Empfang zu nehmen. Vielmehr müsse er sich bei der Post über den Absender informieren sowie bei diesem betreffend den Inhalt der Sendung und eine Kopie derselben nachfragen (E. 4.1).
Das Bundesgericht bestätigte deshalb, dass — wie bereits die Erstinstanz entschieden hatte — die Kündigung am 3. Dezember 2013 bei den Mietern eingegangen sei und daher das Begehren um Anfechtung der Kündigung verspätet eingereicht wurde (E. 4.2).
Die Mieter hatten sodann subsidiär geltend gemacht, dass die Kündigung vom 29. November 2013 nichtig sei, da sie aus rein ökonomischen Gründen ausgesprochen worden sei. Auch diese Rüge wies das Bundesgericht ab. Es erinnerte daran, dass im Allgemeinen eine Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbar sei (BGE 136 III 190, E. 2). Im Übrigen wäre eine solche Ertragsoptimierungskündigung nicht nichtig, sondern bloss anfechtbar. Die Anfechtung hätte sodann innerhalb von 30 Tagen ab dem Empfang der Kündigung (3. Dezember 2014) eingereicht werden müssen (zum Ganzen E. 5).