4A_576/2016: Negative Feststellungsklage als Reaktion auf echte Teilklage (amtl. Publ.)

B. (Kläger) machte beim Bezirks­gericht Willisau eine Klage gegen die A. Ver­sicherung AG anhängig. Er forderte CHF 30’000 für Direk­tschaden aus Erwerb, Haushalt, Kosten und Genug­tu­ung unter Nachk­lagevor­be­halt. Mit der Klageant­wort erhob die A. Ver­sicherung AG Widerk­lage und beantragte, es sei gerichtlich festzustellen, dass sie nichts schulde.

Das Bezirks­gericht trat auf die Widerk­lage nicht ein. Das Kan­ton­s­gericht Luzern bez­if­ferte die Widerk­lage mit min­destens CHF 763’897 und trat auf die Widerk­lage eben­falls nicht ein. Das Bun­des­gericht hiess die dage­gen erhobene Beschw­erde nach öffentlich­er Beratung gut, hob den vorin­stan­zlichen Entscheid auf und wies die Sache zur weit­eren Behand­lung zurück an das Kan­ton­s­gericht Luzern (Urteil 4A_576/2016 vom 13. Juni 2017).

Das Bun­des­gericht hat­te die Frage zu beant­worten, in welch­er Ver­fahren­sart eine Widerk­lage zu behan­deln ist, wenn die Haup­tk­lage im vere­in­facht­en Ver­fahren erhoben wird und der Stre­itwert der Widerk­lage die Stre­itwert­gren­ze von CHF 30’000 übersteigt.

Das Bun­des­gericht gelangte zur Auf­fas­sung, eine neg­a­tive Fest­stel­lungsklage, die als Reak­tion auf eine echte Teilk­lage erhoben werde, könne auch im vere­in­facht­en Ver­fahren erhoben wer­den. Art. 224 Abs. 1 ZPO müsse in dieser Hin­sicht ein­schränk­end ver­standen wer­den und bei­de Kla­gen seien in solchen Fällen zusam­men im ordentlichen Ver­fahren zu beurteilen (E. 4.4).

Gemäss Bun­des­gericht ist der ein­hel­li­gen Lehre grund­sät­zlich zuzus­tim­men, wonach Art. 224 Abs. 1 ZPO grund­sät­zlich auss­chliesst, im vere­in­facht­en Ver­fahren mit­tels Widerk­lage Ansprüche gel­tend zu machen, die auf­grund ihres Stre­itwerts im ordentlichen Ver­fahren zu beurteilen sind (E. 3). Eine neg­a­tive Fest­stel­lungsklage, die als Reak­tion auf eine echte Teilk­lage erhoben werde, sei indessen keine gewöhn­liche Widerk­lage, mit der die beklagte Partei einen von der Haup­tk­lage nicht erfassten, unab­hängi­gen Anspruch gel­tend mache (E. 4.3.3).

Das Bun­des­gericht bejaht in kon­stan­ter Prax­is das rechtliche Inter­esse der mit ein­er Teilk­lage kon­fron­tierten beklagten Partei, durch Widerk­lage den Nichtbe­stand des behaupteten Anspruchs oder des Schuld­ver­hält­niss­es fest­stellen zu lassen (E. 4.3.1). Mit ein­er neg­a­tiv­en Fest­stel­lungswiderk­lage werde lediglich die Fest­stel­lung der Nich­tex­is­tenz des von der kla­gen­den Partei angemelde­ten Gesam­tanspruch­es angestrebt (E. 4.3.2). Dass die Möglichkeit ein­er neg­a­tiv­en Fest­stel­lungswiderk­lage durch Art. 224 Abs. 1 ZPO aus­geschlossen wer­den sollte, sei den Geset­zes­ma­te­ri­alien nicht zu ent­nehmen (E. 4.3.1).