4A_241/2016: Pferd als Tier im häuslichen Bereich (amtl. Publ.)

Auf der Auto­bahn A3 ereignete sich eine Auf­fahrkol­li­sion. Ein Fahrzeug fuhr von hin­ten auf eine von B. (Klägerin 2) ges­teuerte Fahrzeugkom­bi­na­tion mit Pfer­dean­hänger. Die Stute X. und die ihm Anhänger mit­fahrende A. (Klägerin 1) wur­den bei der Kol­li­sion ver­let­zt. Die Kläger ver­fügten über keinen eige­nen Stall. Die Kläger hat­ten die Stute in einem sechs Kilo­me­ter von ihrem Wohn­haus ent­fer­n­ten Reit­stall unter­gre­bracht, der mit dem Auto in weni­gen Fahrminuten zu erre­ichen war. Die tägliche Pflege wurde von der Klägerin 1 sel­ber ver­richtet. Sie hat­te das Tier bis zum Unfall auch selb­st geritten.

Vor Bezirks­gericht Brugg macht­en die Kläger Heilungskosten, eine Affek­tion­sentschädi­gung sowie den Min­der­w­ert der Stute X. gel­tend. Sie bracht­en vor, bei der Stute han­dle es sich um ein Tier, das im Sinne von Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 1bis OR im häus­lichen Bere­ich und nicht zu Ver­mö­gens- oder Erwerb­szweck­en gehal­ten werde (Urteil 4A_241/2016 vom 19. Sep­tem­ber 2017).

Unbe­strit­ten war, dass die Stute X. nicht zu Ver­mö­gens- oder Erwerb­szweck­en gehal­ten wurde (E. 1). Das Bun­des­gericht hat­te erst­mals zu prüfen, ob ein Tier “im häus­lichen Bere­ich” gehal­ten wurde und bejahte diese Frage im vor­liegen­den Fall bezüglich der Stute (E. 1 und 3.5). Gemäss Bun­des­gericht ist auch ein Pferd “im häus­lichen Bere­ich” gehal­ten, das zwar in einiger Dis­tanz zum Wohnort seines Hal­ters gehal­ten wird, von seinem Hal­ter oder dessen Fam­i­lie aber sel­ber gepflegt wird, so wie diese ein im Haus oder unmit­tel­bar daneben leben­des Hausti­er täglich sel­ber ver­sor­gen wür­den (E. 3.5).

Das Bun­des­gericht stellte im Wesentlichen auf den Sinn und Zweck der Geset­zes­re­vi­sion ab, bei der es nicht um räum­liche Kri­te­rien gegan­gen sei. Für den Geset­zge­ber sei vielmehr die affek­tive Beziehung eines Men­schen zum Tier entschei­dend gewe­sen, um Tiere insofern nicht mehr wie eine Sache zu betra­cht­en. Damit eine enge Beziehung zu einem Pferd entste­hen könne, müsse ein genü­gen­der Umgang in zeitlich­er Hin­sicht beste­hen. Die örtliche Nähe spiele eine indi­rek­te Rolle, da bei gross­er Dis­tanz häu­fige Kon­tak­te nicht oder deut­lich weniger möglich seien (zum Ganzen E. 3.2). Ins­gsamt wür­den die Mate­ri­alien eher für ein weites Ver­ständ­nis des strit­ti­gen Begriffs sprechen und sei nicht entschei­dend auf die räum­liche Dis­tanz abzustellen (E. 3.3 und 3.4).