4A_651/2017: Bonus als Gratifikation; Gleichbehandlungsgrundsatz

B. war als Pro­jek­tleit­er für die A. SA tätig. Das Jahres­salär betrug CHF 195’000 brut­to. Daneben war im Arbeitsver­trag ein diskre­tionär­er Bonus vorge­se­hen. Der Bonus hing ins­beson­dere davon ab, ob das Arbeitsver­hält­nis im Zeit­punkt der Auszahlung nicht von ein­er Ver­tragspartei gekündigt wor­den war. Im Übri­gen bestand ein Mitar­beit­er­beteili­gungs­plan, der für B. Grati­sak­tien der Mut­terge­sellschaft von der A. SA vor­sah. In der Folge erhielt B. im Dezem­ber 2011, im Juli und Dezem­ber 2012 sowie im Dezem­ber 2013 jew­eils eine Bonuszahlung unter Freiwilligkeitsvorbehalt.

Im Jahr 2014 erhielt B. keine Bonuszahlung. Als sich B. im Jan­u­ar 2015 bei seinen Arbeit­skol­le­gen nach dem Bonus erkundigte, brachte er in Erfahrung, dass sämtliche Mitar­beit­er sein­er Abteilung Y. im Dezem­ber 2014 einen Bonus erhal­ten hat­ten. Der  vorge­set­zte Direk­tor und dessen Stel­lvertreter, die der über­ge­ord­neten Abteilung X. ange­hörten, hat­ten eben­falls keinen Bonus erhalten.

Am 27. Jan­u­ar 2015 kündigte die A. SA das Arbeitsver­hält­nis mit B. auf­grund ein­er reor­gan­isatorischen Mass­nahme und befre­ite B. von dessen Arbeit­spflicht. Als Abgangsentschädi­gung wur­den B. zwei Monatssaläre ange­boten, sofern er bis zum Endter­min nicht arbeit­sun­fähig werde und er der A. SA durch sein Ver­hal­ten oder seine Äusserun­gen keinen Schaden zufü­gen würde. Im Prozess sagte ein Mitar­beit­er der HR-Abteilung unter Wahrheit­spflicht aus, B. habe keinen Bonus erhal­ten, da beschlossen wor­den war, sich von ihm zu tren­nen. Durch die Abgangszahlung habe die Nicht-Bezahlung des Bonus kom­pen­siert wer­den sollen. Die Abgangszahlung wäre erfol­gt, sofern B. nicht Ein­sprache gegen die Kündi­gung erhoben hätte.

Das Tri­bunal des prud’hommes du can­ton de Genève sprach B. die Abgangsentschädi­gung zu und verpflichtete die Mut­terge­sellschaft zum Rück­kauf von Aktien. Auf Beru­fung hin wurde die A. SA durch den Cour de jus­tice du can­ton de Genève verpflichtet, die Abgangsentschädi­gung und einen Bonus für das Jahr 2014 zu bezahlen sowie 700 Aktien der Mut­terge­sellschaft zu übergeben. Die Mut­terge­sellschaft wurde zum Rück­kauf von Aktien verpflichtet. Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschw­erde der A. SA wies das Bun­des­gericht ab (Urteil 4A_651/2017 vom 4. April 2018).

Das Bun­des­gericht hat­te nur noch die Bonus­forderung für 2014 zu beurteilen. Dies­bezüglich war unbe­strit­ten, dass der Bonus eine diskre­tionäre Grat­i­fika­tion darstellte. Zu entschei­den war indessen, ob B. gestützt auf den arbeit­srechtlichen Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satz eine Bonuszahlung fordern kon­nte (E. 3.2 und 3.3).

Das Bun­des­gericht bestätigte im Wesentlichen die Auf­fas­sung der Vorin­stanz, wonach sich B. im konkreten Fall auf den Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satz berufen kon­nte. Gemäss Bun­des­gericht war die Sit­u­a­tion der anderen Mitar­beit­er der Abteilung Y. mit der Behand­lung von B. zu ver­gle­ichen, um zu entschei­den, ob B. diskri­m­iniert wor­den war. Die A. SA brachte verge­blich vor, die vorge­set­zten Direk­toren der über­ge­ord­neten Abteilung X. oder andere Mitar­beit­er der Gesellschaft hät­ten keinen Bonus erhal­ten. Die A. SA kon­nte jeden­falls nicht dar­legen, dass ein gross­er Teil der Belegschaft keinen Bonus erhal­ten hatte.

Keine Rolle spielte weit­er, dass die Abgangsentschädi­gung als Kom­pen­sa­tion für den fehlen­den Bonus gedacht war. Der Bonus war in früheren Jahren lediglich als Abgel­tung für gute Arbeit­sleis­tun­gen aus­gerichtet wor­den und B. hat­te seine Arbeit­sleis­tun­gen in der strit­ti­gen Bonus­pe­ri­ode erbracht (zum Ganzen E. 3.4 und 3.6.2). Ein Moti­va­tion­s­abzug liess das Bun­des­gericht nicht zu, da zum Zeit­punkt der Auszahlung noch keine Kündi­gung aus­ge­sprochen wor­den war (E. 3.7).