2A.203/2007: Optionsanleihe, Emissionsdisagio, Diskonttheorie

Roche hat­te Bonds (Anlei­he) zum Nom­i­nal­preis und zusam­men mit dem Bond War­rants (Option­ss­cheine) aus­gegeben (als kom­biniertes Pro­dukt). Die Optio­nen berechtigten die Inhab­er, gegen 100 War­rants von der Emit­tentin CHF 7000 in bar zu erhal­ten, falls der Preis der Roche-Aktie während eines bes­timmten Zeitraums niedriger oder gle­ich diesem Betrag war; sollte der Kurs der Roche-Aktie zu Ende dieses Zeiraums einen Kurs über­steigen, kon­nte der Inhab­er der Option die unent­geltliche Abgabe ein­er Aktie oder einen Bar­be­trag von Fr. 10’000.– ver­lan­gen; die Wahl oblag in diesem Fall der Gesellschaft.

Der Erblass­er hat­te die Kom­bi­na­tion aus Bonds und War­rants erwor­ben. Nach seinem Tod gin­gen bei­de auf die Nachkom­men über. Später wurde die Anlei­he zurück­bezahlt. Das Steuer­amt Zürich zog vom sein­erzeit­i­gen Erwerb­spreis des Pakets den Wert der Option ab und errech­nete so einen tief­er­en Aus­gabepreis. Die Dif­ferenz zwis­chen Aus­gabe- und Rück­zahlungswert der Anlei­he rech­nete es deshalb als steuer­bares Emis­sions­dis­a­gio auf. Eine Beschw­erde gegen die Ver­an­la­gungsver­fü­gung wies die Steuer­rekurskom­mis­sion II und dann das Ver­wGer ZH ab. Die Beschw­erde­führer hat­ten gel­tend gemacht, zum Zeit­punkt des Erwerbs durch den Erblass­er sei die Option wert­los gewe­sen, weshalb für sie kein Wert hätte abge­zo­gen wer­den dürfen.

Der Hin­ter­grund: Nach Diskont­the­o­rie wird das Emis­sions­dis­a­gio für nicht ein­malverzinsliche Titel erst bei der Rück­zahlung der Anlei­he besteuert. Einkom­men aus der Zuteilung der Option als Entschädi­gung für eine zu tiefe peri­odis­che Verzin­sung trifft daher nicht den­jeni­gen, der daraus tat­säch­lich einen Vorteil erzielt, son­dern den pri­vat­en Let­zter­wer­ber. Es ist daher möglich, dass dieser einen Ver­mö­genser­trag ver­s­teuert, den er tat­säch­lich nicht erzielt hat.

Das BGer legt zunächst die Grund­sätze der Besteuerung von nicht klas­sis­chen Option­san­lei­hen dar (klas­sis­che Option­san­lei­he: das Option­srecht lautet auf den Bezug von neu geschaf­fe­nen Beteili­gungsrecht­en der die Anlei­he emit­tieren­den schweiz­erischen oder ein­er dieser nah­este­hen­den Gesellschaft lautet; das Emis­sions­dis­a­gio oder das Rück­zahlungsa­gio ist max. 1/2 % pro Jahr; anson­sten liegt immer eine nicht klas­sis­che Option­san­lei­he vor; vgl. KS EStV Nr. 4).

Hier lag eine nicht klas­sis­che Option­san­lei­he vor, und zwar in Form eines trans­par­enten Pro­duk­ts (klare Unter­schei­d­barkeit zwis­chen Anlage- und Option­s­geschäft) ohne über­wiegende Ein­malverzin­sung. Anwend­bar war daher DBG 20 I lit. a und nicht lit. b.

Dem­nach bilde­ten der am 16. Mai 2001 let­zt­mals fäl­lig gewor­dene Jahreszins sowie die Ein­ma­lentschädi­gung (Emis­sions­dis­a­gio als Dif­ferenz zwis­chen Aus­gabe­w­ert ex-Option und Rück­zahlungswert) am Ende der Laufzeit steuer­baren Ver­mö­genser­trag. Dessen Höhe kon­nte durch allfäl­lige Käufe oder Verkäufe während der Laufzeit — die Beschw­erde­führer bzw. ihre Rechtsvorgän­gerin etwa hat­ten ihren Anteil am 21. Sep­tem­ber 1998 zum Kurs von 96.65 % gekauft — nicht bee­in­flusst werden.”

Und zur Diskonttheorie:

Die Besteuerung des Emis­sions­dis­a­gios im Rück­zahlungszeit­punkt ist auf den Norm­fall zugeschnit­ten, wo der pri­vate Erster­wer­ber ein­er Option­san­lei­he diese bis zur Rück­zahlung behält. Im vor­liegen­den Fall führt die Anwen­dung der so genan­nten “Diskont­the­o­rie”, wie aufgezeigt, jedoch dazu, dass die Beschw­erde­führer als Let­zter­wer­ber der Diskon­to­blig­a­tion einen höheren Ver­mö­genser­trag ver­s­teuern müssen, als sie tat­säch­lich erzielt haben. Dieses Ergeb­nis ver­mag unter dem Gesicht­spunkt der wirtschaftlichen Leis­tungs­fähigkeit nicht ganz zu befriedi­gen, was schon von der Steuer­rekurskom­mis­sion II und auch von der Vorin­stanz aus­drück­lich ver­merkt wurde. Eine ver­fas­sungsrechtlich rel­e­vante Ver­let­zung von Art. 127 Abs. 2 BV (Grund­satz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leis­tungs­fähigkeit) oder gar von Art. 26 BV (Eigen­tums­garantie) kann darin jedoch — ent­ge­gen den Rügen der Beschw­erde­führer — nicht erblickt werden.”