In diesem Fall einer Kindsentführung war strittig, ob der Vater in Besitz eines Sorgerechts war (HEntfÜ 3 lit. a und b). Die Vorinstanz, die Autorité de surveillance des tutelles GE, hatte auf die Anordnung einer Rückführung verzichtet. Das BGer hiess die Beschwerde gegen diesen Entscheid gut.
Nach HEntfÜ 3 lit. a ist das Entziehen eines Kindes nur dann widerrechtlich, wenn “dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person, Behörde oder sonstigen Stelle allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.“
HEntfÜ 3 a ist auch erfüllt, wenn es einem Elter untersagt war, sich mit dem Kind in einen anderen Staat zu begeben; auch in einem solchen Fall kann der betreffende Elter über den Aufenthaltsort des Kindes nicht alleine entscheiden, so dass eine Art geteiltes Sorgerecht entsteht. Hier hatte sich die Mutter des Kinds die USA verlassen, wodurch sie einem Ausreiseverbot (?) zuwiderhandelte. Dies ergab sich aus einer Bescheinigung i.S.v. HEntfÜ 15. Das BGer konnte die in der deutschen Literatur zum HEntfÜ umstrittene Frage offenlassen, ob eine solche Bescheinigung die Behörden des ersuchten Staats bindet oder bloss ohne Anerkennungsverfahren berücksichtigt werden darf, denn die zweite Bedingung von HEntfÜ 3 b (tatsächliche Ausübung des Sorgerechts) war erfüllt, die Beschwerde dahergutzuheissen.