EGMR-Urteil iS Stoll: Meinungsäusserungsfreiheit nicht verletzt

Wie die Grosse Kam­mer des EGMR heute mit 12:5 Stim­men und ent­ge­gen einem Urteil ein­er Kam­mer des EGMR vom 25. April 2006 entsch­ieden hat, hat die Schweiz die Mei­n­ungsäusserungs­frei­heit (EMRK 10) nicht ver­let­zt, als sie den Jour­nal­is­ten Mar­tin Stoll im Fall Jag­met­ti verurteilte.

Zum Hin­ter­grund des Falls (aus BAZ online):

Der Fall geht ins Jahr 1997 zurück, als die Schweiz und ins­beson­dere die Schweiz­er Banken wegen den Vor­fällen rund um den Holo­caust Schlagzeilen macht­en. Im Jan­u­ar veröf­fentlichte der Jour­nal­ist Mar­tin Stoll in der «Son­ntagsZeitung» zwei Artikel mit den Über­schriften «Botschafter Jag­met­ti belei­digt die Juden» und «Mit Bade­man­tel und Bergschuhen in den Fet­tnapf». Darin zitierte Stoll einzelne Pas­sagen aus einem ver­traulichen Strate­giepa­pi­er des dama­li­gen Schweiz­er Botschafters in den USA, Car­lo Jagmetti.”

Aus der Medi­en­mit­teilung des Bun­de­samts für Jus­tiz:

[Das Urteil] misst dem Umstand, dass die Ausübung der Mei­n­ungs­frei­heit „mit Pflicht­en und Ver­ant­wor­tung” ver­bun­den ist, die gebührende Bedeu­tung zu. Es kommt zum Schluss, dass die gegen den Beschw­erde­führer ver­hängte Busse mit Blick auf die Umstände des Falls (sen­si­bler poli­tis­ch­er Kon­text sowie Zeit­punkt und Form der Veröf­fentlich­tung) ver­hält­nis­mäs­sig ist.

Das Urteil der Grossen Kam­mer ist über den konkreten Fall hin­aus bedeut­sam. Es enthält Antworten auf die Frage, in welchem Mass die Mit­glied­staat­en der Europäis­chen Men­schen­recht­skon­ven­tion (EMRK) die Ver­traulichkeit des diplo­ma­tis­chen Verkehrs auch mit strafrechtlichen Mit­teln schützen kön­nen, ohne dadurch die Mei­n­ungs­frei­heit zu ver­let­zen. In diesem Sinn wird das Urteil auch den Entscheid bee­in­flussen, ob Artikel 293 des Strafge­set­zbuch­es (Veröf­fentlichung amtlich­er geheimer Ver­hand­lun­gen) durch eine restrik­ti­vere Fas­sung erset­zt oder ersat­z­los gestrichen wer­den soll.

  • Medi­en­mit­teilung des EGMR
  • Berichter­stat­tung der NZZ