Die Beschwerdeführerin gelangte ans BGer gegen die Abweisung eines Rentenanspruchs. Sie litt unter einer Missbildung der vorderen Augenabschnitte (Aniridie). Nach der Geburt eines Kindes nahm die Beanspruchung im Haushalt zu, so dass sich die Einschränkungen im Haushalt vermehrt auswirkten. Strittig war deshalb die von der Rsp. bisher offengelassene Frage der Wechselwirkung zwischen der…
Auslastung im einen Bereich zu einer — noch nicht im Rahmen der Arzt- und Abklärungsberichte berücksichtigten — Beeinträchtigung des Leistungsvermögens (hier: Erwerb) in der anderen Beschäftigung (hier: Haushalt) führt und ob diese Verminderung im Sinne einer invalidenversicherungsrechtlich massgeblichen Wechselwirkung abzugelten ist.”
Die vereinigten sozialrechtlichen Abteilungen habe — im vorliegend zu beurteilenden Fall — die Grundsätze zur Beachtlichkeit von Wechselwirkungen zwischen Erwerbs- und Aufgabenbereich (im Sinne des Art. 27 IVV [in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung]) wie folgt präzisiert (E. 7.3):
“7.3.1 Bei der Prüfung der Frage, ob die in den beiden Tätigkeitsbereichen vorhandenen Belastungen einander wechselseitig beeinflussen (können), ist namentlich deren unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Die versicherte Person ist im Rahmen ihrer Schadenminderungspflicht gehalten, im Umfang ihrer noch vorhandenen Leistungsfähigkeit eine dem Leiden angepasste erwerbliche Tätigkeit auszuüben (vgl. Art. 28 Abs. 2ter IVG [eingefügt auf 1. Januar 2004] in Verbindung mit Art. 16 ATSG; BGE 130 V 97 E. 3.2 [mit Hinweisen] S. 99), d.h. es ist ihr zumutbar, eine Beschäftigung zu wählen, bei der sich die gesundheitliche Beschränkung minimal auswirkt. Die erwerbliche Tätigkeit muss jedoch, entsprechend ihren jeweiligen Anforderungen, grundsätzlich allein ausgeführt werden. Bezogen auf die häuslichen Verrichtungen ist eine Wahl des Tätigkeitsgebietes demgegenüber nur beschränkt möglich, da die mit der Haushaltsführung einhergehenden Aufgaben als solche anfallen und erledigt werden müssen. Es besteht in diesem Bereich dafür eine grössere Freiheit in der zeitlichen Gestaltung der Arbeit und es ist den Familienangehörigen eine gewisse Mithilfe zuzumuten (vgl. E. 7.2 hievor), womit allenfalls vorhandene Einschränkungen abgefedert werden können. Schliesslich erscheint die Möglichkeit einer gegenseitigen Beeinflussung geringer, je komplementärer die Anforderungsprofile der Tätigkeitsgebiete ausgestaltet sind (beispielsweise Haushalt eher körperlich belastend, Erwerbstätigkeit eher intellektuell). Damit die sich durch die schlechte Vereinbarkeit der beiden Tätigkeitsbereiche ergebende negative gesundheitliche Auswirkung berücksichtigt werden kann, muss sie folglich offenkundig und unvermeidbar sein (beispielsweise körperlich anstrengende Berufs- und Haushaltsarbeit oder psychisch belastende berufliche und familiäre Situation [kranker Partner, behindertes Kind etc.]). Von einer vermeidbaren Wechselwirkung ist demgegenüber nach dem Gesagten auszugehen, wenn sie durch die — auf Grund der gesamten Umstände zumutbare — Wahl einer anderen Erwerbstätigkeit ausgeschlossen werden kann.
7.3.2 Wechselwirkungen sind nur dann zusätzlich zu berücksichtigen, wenn aus den Akten erhellt, dass die Arzt- und (Haushalts-)Abklärungsberichte nicht bereits in Kenntnis der im jeweils anderen Aufgabenbereich vorhandenen Belastungssituation erstellt worden sind, und konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass eine wechselseitige Verminderung der Leistungsfähigkeit im Sinne des in E. 7.3.1 hievor Gesagten vorliegt, die in den vorhandenen Berichten nicht hinreichend gewürdigt worden ist.
7.3.3 Im hier massgeblichen Kontext beachtliche gesundheitliche Auswirkungen vom Erwerbs- in den Haushaltsbereich können nur angenommen werden, wenn die verbleibende Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Tätigkeitsgebiet voll ausgenützt wird, d.h. der — für den Gesundheitsfall geltende — Erwerbsanteil die Arbeitsfähigkeit im Erwerbsbereich übersteigt oder mit dieser identisch ist.
7.3.4 Ein allfälliges reduziertes Leistungsvermögen im erwerblichen Bereich infolge der Beanspruchung im Haushalt kann ferner lediglich für den Fall berücksichtigt werden, dass Betreuungspflichten (gegenüber Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen etc.) vorhanden sind. Dies ergibt sich u.a. daraus, dass die Reduktion des zumutbaren erwerblichen Arbeitspensums, ohne dass die dadurch frei werdende Zeit für die Tätigkeit in einem Aufgabenbereich nach Art. 27 IVV (in der seit 1. Januar 2004 in Kraft stehenden Fassung) verwendet wird, für die Methode der Invaliditätsbemessung, d.h. für die Statusfrage, ohne Bedeutung ist. Wäre eine versicherte Person gesundheitlich in der Lage, voll erwerbstätig zu sein, vermindert sie aber das Arbeitspensum aus freien Stücken, insbesondere um mehr Freizeit (für Hobbys etc.) zu haben, hat dafür nicht die Invalidenversicherung einzustehen. Allein stehende Personen werden bei einer freiwilligen Herabsetzung des Beschäftigungsgrades nicht gleichsam automatisch zu Teilerwerbstätigen mit einem Aufgabenbereich Haushalt neben der Berufsausübung (BGE 131 V 51 E. 5.1.2 und 5.2 [je mit Hinweisen] S. 53 f.). Ist demnach eine Haushaltführung ohne weitergehende häusliche Obliegenheiten wie etreuungsaufgaben etc. nicht in jedem Fall statusrelevant, kann auch nicht von einer dadurch verursachten,
IV-rechtlich abzugeltenden erheblichen Belastung im erwerblichen Bereich ausgegangen werden.7.3.5 Allfällige Wechselwirkungen sind stets vom anteilsmässig bedeutenderen zum weniger bedeutenderen Bereich zu berücksichtigen. Sind beide Bereiche mit 50 % zu veranschlagen, ist sie dort beachtlich, wo sie sich stärker auswirkt. Nicht möglich im hier zu beurteilenden Zusammenhang ist demgegenüber, dass Wechselwirkungen kumulativ in beide Richtungen ihren Niederschlag im Sinne einer verminderten Leistungsfähigkeit im je anderen Tätigkeitsbereich finden, führte dies doch zu einer doppelten Gewichtung.
7.3.6 Das in der Erwerbsarbeit oder im häuslichen Aufgabenbereich infolge der Beanspruchung im jeweils anderen Tätigkeitsfeld reduzierte Leistungsvermögen kann sodann nur berücksichtigt werden, wenn es offenkundig ist und ein gewisses normales Mass überschreitet. Dessen Ermittlung hat stets auf Grund der konkreten Gegebenheiten im Einzelfall zu erfolgen. In Anlehnung an den so genannten leidensbedingten Abzug vom statistischen Lohn bei der Bemessung des Invalideneinkommens von nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine Erwerbstätigkeit mehr ausübenden Versicherten (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 [mit
Hinweisen] S. 475), welcher unter Berücksichtigung aller jeweils in Betracht fallenden Merkmale auf insgesamt höchstens 25 % begrenzt ist (BGE 126 V 75 E. 5b/cc S. 80; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 82/01 vom 27. November 2001, E. 4b/cc, publ. in: AHI 2002 S. 62), erscheint vorliegend eine Limitierung der als erheblich anzusehenden Wechselwirkungen ebenfalls sachgerecht. Da invaliditätsfremde Aspekte, anders als beim erwähnten Leidensabzug, keine Rolle spielen, rechtfertigt sich jedoch ein niedrigerer, auf 15 ungewichtete Prozentpunkte festgesetzter Maximalansatz.7.3.7 Eine Rückweisung an die Verwaltung zur näheren Abklärung ist schliesslich nur für den Fall angezeigt, dass das Endergebnis selbst bei Annahme einer entsprechend verringerten Leistungsfähigkeit im einen Tätigkeitsgebiet durch die Beanspruchung im anderen überhaupt beeinflusst würde.”