4A_289/2008 (amtl. Publ.): Verjährungsunterbrechung

In einem am 4. Novem­ber 2008 pub­lizierten Entscheid (4A_289/2008 vom 1. Okto­ber 2008) äusserte sich das Bun­des­gericht zur The­matik der Ver­jährung­sun­ter­brechung im Kon­text der Haf­tung eines Motorfahrzeughalters).

Hin­sichtlich der ver­jährung­sun­ter­brechen­den Wirkung ging die Vorin­stanz davon aus, dass eine Teilzahlung nur dann ver­jährung­sun­ter­brechende Wirkung haben könne, wenn diese als Schul­dan­erken­nung bzw. als Abschlagszahlung i.S.v. Art. 135 Ziff. 1 OR qual­i­fiziert wer­den könne. Dabei soll — nach der vorin­stan­zlichen Auf­fas­sung — als Abschlagszahlung jede Teilzahlung gel­ten, bei welch­er der Schuld­ner zu erken­nen gebe, dass eine Restschuld übrig leiben soll. Sofern die Abschlagszahlung aber unter Vor­be­halt erfolge, liege darin keine Anerken­nung der Schuld. Im Gesamtzusam­men­hang kam die Vorin­stanz damit zum Schluss, die Parteien hät­ten sowohl tat­säch­lich als auch im Rah­men der Ausle­gung nach dem Ver­trauen­sprinzip eine Akon­tozahlung und nicht eine Abschlagszahlung vereinbart.

Dieser Auf­fas­sung hält nun das Bun­des­gericht ent­ge­gen, dass eine Anerken­nung­shand­lung nach Art. 135 Ziff. 1 OR keinen auf Unter­brechung der Ver­jährung gerichteten Willen voraus setzt.

Eine Anerken­nung­shand­lung nach Art. 135 Ziff. 1 OR set­zt keinen auf Unter­brechung der Ver­jährung gerichteten Willen voraus. (…)

Als Anerken­nung mit Unter­brechungswirkung gilt jedes Ver­hal­ten des Schuld­ners, das vom Gläu­biger nach Treu und Glauben im Verkehr als Bestä­ti­gung sein­er rechtlichen Verpflich­tung aufge­fasst wer­den darf (…).

Die Anerken­nungserk­lärung muss sich an den Gläu­biger richten.

Für die Unter­brechung der Ver­jährung genügt es, dass der Schuld­ner erk­lärt, unter gewis­sen Voraus­set­zun­gen zur Leis­tung weit­er­er Zahlun­gen bere­it zu sein und somit das Beste­hen ein­er Restschuld nicht ausschliesst.

Dass er über deren Höhe im Ungewis­sen ist, schadet nicht, denn die Anerken­nung der grund­sät­zlichen Schuldpflicht genügt. Sie braucht sich nicht auf einen bes­timmten Betrag zu beziehen.

Die Wirkung der Unter­brechung­shand­lung tritt (im Gegen­satz zum Ver­jährungsverzicht) unab­hängig vom Willen des Gläu­bigers und des Schuld­ners ein.” (E. 5.2.1)

Für die ver­jährung­sun­ter­brechende Wirkung genügt es dem­nach, dass sich die Anerken­nungserk­lärung an den Gläu­biger richtet und der Schuld­ner erk­lärt, unter gewis­sen Voraus­set­zun­gen zur Leis­tung weit­er­er Zahlun­gen bere­it zu sein und somit das Beste­hen ein­er Restschuld nicht auss­chliesst. Das Bun­des­gericht führt dies­bezüglich aus, dass die Ungewis­sheit der Höhe nicht schade, denn die Anerken­nung der grund­sät­zlichen Schuldpflicht genügt. Sie braucht sich nicht auf einen bes­timmten Betrag zu beziehen.

Dass der tat­säch­lich geschuldete Betrag noch nicht fest­ste­ht oder strit­tig ist, ste­ht ein­er Anerken­nung damit nicht entgegen.

Zum Begriff der “Akon­tozahlung” führt das Bun­des­gericht als­dann aus, dass als darunter gemein­hin eine vor­läu­fige Zahlung ver­standen werde, wobei der Umfang der defin­i­tiv geschulde­ten Leis­tung noch zu ermit­teln sei. Akon­tozahlun­gen wür­den ins­beson­dere vere­in­bart, wenn Einigkeit über den Grund­satz der Zahlungspflicht und Ungewis­sheit über die Höhe des tat­säch­lich geschulde­ten Betrags bestehe.

Mit ein­er Akon­tozahlung würde der Schuld­ner in der Regel zum Aus­druck brin­gen, dass er seine Verpflich­tung grund­sät­zlich anerkenne, unter gewis­sen Voraus­set­zun­gen zur Leis­tung weit­er­er Zahlun­gen bere­it sei und somit das Beste­hen ein­er Restschuld nicht auss­chliesse. Dies genüge zur Unter­brechung der Ver­jährung. Allfäl­lige Vor­be­halte, die nicht den Grund­satz der Zahlungspflicht, son­dern die Höhe der Forderung betr­e­f­fen wür­den, stün­den ein­er Unter­brechung der Ver­jährung nicht entgegen.

Davon zu unter­schei­den sei aber der Fall, in welchem der Schuld­ner anlässlich der Akon­tozahlung zu erken­nen gibt, nach dieser Zahlung beste­he kein Anspruch des Gläu­bigers mehr, also eine Rest­forderung nicht für möglich hält, son­dern bestre­it­et. Von vorn­here­in nicht zur Unter­brechung der Ver­jährung geeignet sei daher der von der Beschw­erdegeg­ner­in im Sinne ein­er Schlusszahlung geleis­tete Betrag. Diese Beze­ich­nung erhellt, dass die Beschw­erdegeg­ner­in das Beste­hen ein­er Restschuld ausschliesst.

Abschliessend ist noch auf einen prozes­sualen Aspekt hinzuweisen. Vor Bun­des­gericht wurde der Ein­wand erhoben, die strafrechtliche Ver­jährung — mit Blick auf Art. 83 Abs. 1 SVG — komme deshalb nicht zur Anwen­dung, weil alle Beteiligten auf die Stel­lung eines Strafantrags verzichtet hät­ten und damit die Strafver­fol­gung nicht mehr offen stünde. Das Bun­des­gericht hält dieser Auf­fas­sung ent­ge­gen, dass der Strafantrag keine Straf­barkeits­be­din­gung, son­dern eine Prozessvo­raus­set­zung darstellt (E. 5.3). Damit kom­men die strafrechtlichen Ver­jährungs­fris­ten — nach kon­stan­ter Recht­sprechung — auch dann zur Anwen­dung, wenn bin­nen der geset­zlichen Frist kein Strafantrag gestellt wurde.