6B_999/2008: Qualifizierte Geldwäscherei; reformatio in peius und rechtliches Gehör

Ein Recht­san­walt wurde vom Strafgericht des Kan­tons Zug wegen qual­i­fiziert­er Geld­wäscherei verurteilt und in einem Fall von diesem Vor­wurf freige­sprochen. Auf die Beru­fung bestätigte das Oberg­ericht des Kan­tons Zug die bei­den ange­focht­e­nen Schuld­sprüche, hob aber den erstin­stan­zlichen Freis­pruch auf und sprach den Anwalt auch in diesem Punkt der qual­i­fizierten Geld­wäscherei schuldig. Das Bun­des­gericht hat die dage­gen ein­gelegte Beschw­erde teil­weise gut­ge­heis­sen (6B_999/2008).

Zunächst prüft das Bun­des­gericht unter dem Gesicht­spunkt der Willkür, ob das Ver­bot der „refor­ma­tio in peius“, das sich primär aus dem kan­tonalen Prozess­recht ergebe, ver­let­zt wurde und ver­wirft diesen Ein­wand. Die Straf­prozes­sor­d­nung des Kan­tons Zug ken­nt kein aus­drück­lich­es Ver­bot der refor­ma­tio in peius und erlaubt sie auch in Fällen, in denen nur der Angeklagte oder die Staat­san­waltschaft zugun­sten des Angeklagten ein Rechtsmit­tel ein­legt. Unter Ver­weis auf die Gerichts- und Ver­wal­tung­sprax­is des Kan­tons Zug führt das Gericht aus, dass § 70 StPO/ZG dahinge­hend auszule­gen sei, dass eine Teilan­fech­tung für die Beru­fungsin­stanz nur soweit verbindlich ist, als sich die ange­focht­e­nen Punk­te aus materiell-rechtlichen Über­legun­gen unab­hängig von den übri­gen, nicht ange­focht­e­nen Teilen des Urteils beurteilen lassen.

Die Vorin­stanz han­delt nicht schlech­ter­d­ings unvertret­bar, wenn sie unter Berück­sich­ti­gung des engen sach­lichen und zeitlichen Zusam­men­hangs der Vor­würfe auch den Freis­pruch über­prüft. Eine willkür­liche Anwen­dung von § 70 StPO/ZG ist damit nicht ersichtlich […].“

Stattdessen sieht das Bun­des­gericht den Anspruch des Beschw­erde­führers auf rechtlich­es Gehör ver­let­zt. Zwar sei es zur Beach­tung des rechtlichen Gehörs nicht erforder­lich, dass ein Gericht bere­its vor dem Urteilsspruch zur Beweiswürdi­gung Stel­lung beziehe und seine rechtlichen Argu­mente dar­lege. Doch in diesem Fall hat­te die Vorin­stanz hat den Beschw­erten vor der Aus­fäl­lung ihres Urteils nicht darauf aufmerk­sam gemacht, dass sie den Freis­pruch der ersten Instanz über­prüft und wom­öglich einen weit­eren Schuld­spruch zu seinen Ungun­sten fällt, welch­er sich in ein­er höheren Strafe niederschlägt. 

Auch wenn eine refor­ma­tio in peius nach kan­tonalem Prozess­recht grund­sät­zlich zuläs­sig ist, so ist der Beschw­erte von der­jeni­gen Instanz, welche die Ver­schlechterung zu seinen Las­ten prüft, vorgängig darauf aufmerk­sam zu machen. Der Beschw­erde­führer ist nicht gehal­ten, zu The­men Aus­führun­gen zu machen, welche für ihn, soweit er dies erken­nen kann, nicht mehr Prozess­ge­gen­stand sind.“