6B_913/2008: Kosten und Entschädigung bei Freispruch

Das Bun­desstrafgericht hat­te U.________ in allen Anklagepunk­ten freige­sprochen; es legte ihm Ver­fahren­skosten von ins­ge­samt Fr. 19’773.90 auf und sah von der Aus­rich­tung ein­er Entschädi­gung ab. Daraufhin erhob U.________ Beschw­erde vor dem Bun­des­gericht und beantragte, er sei von der Verpflich­tung zur Bezahlung von Ver­fahren­skosten zu befreien, und der Staat habe ihm eine Entschädi­gung von ins­ge­samt Fr. 138’183.80 (zzgl. Zins zu 5%) zu bezahlen. Er machte gel­tend, das Urteil der Strafkam­mer, ver­stosse gegen die Art. 172 Abs. 1, Art. 173 Abs. 2, Art. 176 und Art. 122 BStP. Einem Freige­sproch­enen Kosten zu überbinden, falle auss­er Betra­cht, wenn – wie in diesem Fall geschehen – andere beschuldigte Per­so­n­en verurteilt würden.

Das Bun­des­gericht gab dem Beschw­erde­führer teil­weise recht und hiess die Beschw­erde gut (Urteil vom 21. August 2009, 6B_913/2008):

2.4.1 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Beschw­erde­führers lässt sich aus Art. 173 BStP nicht der Schluss ziehen, dass ein­er freige­sproch­enen Per­son einzig Ver­fahren­skosten über­bun­den wer­den kön­nen, wenn nicht gle­ichzeit­ig andere beschuldigte Per­so­n­en verurteilt wer­den. Entschei­dend ist vielmehr einzig, ob die freige­sproch­ene Per­son die Ein­leitung der Unter­suchung durch schuld­haftes Benehmen verur­sacht hat.

2.4.3 […] Der Beschw­erde­führer wen­det sich aus­drück­lich auch gegen die Höhe der ihm aufer­legten Kosten. Diese Rüge ist berechtigt. Die Vorin­stanz hat vor­liegend mit ihrer pauschalen Aufteilung der Ver­fahren­skosten (ins­beson­dere je 35% auf T.________ und W.________ und je 10% auf V.________ und den Beschw­erde­führer) nicht hin­re­ichend begrün­det, dass das zivil­rechtlich vor­w­erf­bare Ver­hal­ten des Beschw­erde­führers Kosten von nahezu Fr. 20’000.– gener­iert hat. Wie der Beschw­erde­führer zu Recht anführt, erscheint es zudem stossend, ihn trotz Freis­pruchs im Kosten­punkt gle­ichzustellen mit V.________, welchen die Vorin­stanz des Sich-bestechen-Lassens (Art. 322quater StGB), der Vorteil­san­nahme (Art. 322sexies StGB), der unge­treuen Amts­führung (Art. 314 StGB) und der Urkun­den­fälschung im Amt (Art. 317 Ziff. 1 StGB) schuldig gesprochen und zu ein­er bed­ingten Frei­heitsstrafe von 10 Monat­en und ein­er Geld­strafe von 30 Tagessätzen à Fr. 150.– verurteilt hat. Unter diesen konkreten Umstän­den bedürfte die Aufer­legung von 10% der gesamten Ver­fahren­skosten an den Beschw­erde­führer trotz Freis­pruchs zumin­d­est ein­er einge­hen­deren Begründung.