6B_972/2009: Antragsberechtigung bei juristischen Personen, Strafanzeige als Strafantrag

In einem Urteil vom 16. Feb­ru­ar 2010 (6B_972/2009) äussert sich das Bun­des­gericht zum Strafantrag (Art. 30 ff. StGB). Es bestätigt seine Recht­sprechung zur Antrags­berech­ti­gung bei juris­tis­chen Per­so­n­en und zur Gel­tung ein­er Strafanzeige als Strafantrag.

3.4.1 Bei juris­tis­chen Per­so­n­en sind […] all jene Per­so­n­en berechtigt, wegen eines Delik­tes gegen das Ver­mö­gen Strafantrag zu stellen, die aus­drück­lich oder stillschweigend damit beauf­tragt sind, die infrage ste­hen­den Inter­essen der juris­tis­chen Per­son zu wahren bzw. den betr­e­f­fend­en Ver­mö­genswert zu ver­wal­ten. Demzu­folge wird bei der Prü­fung der Legit­i­ma­tion zur Stel­lung eines Strafantrages nicht einzig auf die Zeich­nungs­berech­ti­gung gemäss Han­del­sreg­is­tere­in­trag abgestellt […]. Mass­gebend ist, dass der Strafantrag dem Willen der Gesellschaft­sor­gane nicht wider­spricht und von diesen genehmigt wer­den kann (vgl. BGE 118 IV 167 E. 1b). Zur Stel­lung eines Strafantrags bedarf es kein­er beson­deren Ermäch­ti­gung im Sinne von Art. 462 Abs. 2 OR, wenn der Strafantrag lediglich darauf abzielt, den öffentlichen Ankläger in die Lage zu ver­set­zen, das Strafver­fahren einzuleit­en (Urteil des Bun­des­gerichts 6B_762/2008 vom 8. Jan­u­ar 2009 E. 3.5).

3.5.1 Eine Strafanzeige gilt als gültiger Strafantrag, wenn der Anzeigeer­stat­ter seinen bedin­gungslosen Willen zur Strafver­fol­gung des Täters so erk­lärt, dass das Strafver­fahren ohne weit­ere Wil­lenserk­lärung weit­er­läuft. Die rechtliche Würdi­gung des zur Anzeige gebracht­en Sachver­halts obliegt den Straf­be­hör­den (BGE 131 IV 97 E. 3.1; BGE 115 IV 1 E. 2a). Oft­mals ergibt sich damit der auf die Strafver­fol­gung gerichtete Wille schon aus der blossen Strafanzeige, denn wer sich an eine Behörde wen­det und diese über eine began­gene Straftat in Ken­nt­nis set­zt, wird üblicher­weise auch wollen, dass die angezeigte Per­son strafrechtlich belangt wird […].
3.5.2 Wer gegen eine Per­son wegen eines bes­timmten, aus­re­ichend konkret beschriebe­nen Sachver­halts Strafanzeige wegen Betrugs erstat­tet, bringt damit seinen Willen zum Aus­druck, dass der Beschuldigte wegen dieses Sachver­halts bestraft wer­den soll. Ergibt sich in der Folge, dass der zur Anzeige gebrachte Sachver­halt nicht als Betrug, son­dern als arglistige Ver­mö­genss­chädi­gung qual­i­fiziert wer­den kön­nte, so ist die Strafanzeige wegen Betrugs als Strafantrag wegen arglistiger Ver­mö­genss­chädi­gung zu betra­cht­en, es sei denn, dass sich aus den konkreten Umstän­den etwas anderes ergebe (vgl. Urteil 6S.677/2001 vom 16. März 2001 E. 6b/aa[…]).