Der markenrechtliche Schutz des Ausdrucks “MADONNA” wäre sittenwidrig iSv MSchG 2, wie das BVerwGer feststellte. Das Eintragungsgesuch stammte nicht von der vom BVerwGer als solchen bezeichneten “Pop-Ikone” Madonna (ob der Ausdruck “Ikone” in diesem Zusammenhang als Anspielung verwendet wurde, bleibt ungewiss), sondern von einem Seifen- und Parfümeriehersteller. Das IGE hatte das Eintragungsgesuch abgewiesen; würde man den Ausdruck “MADONNA” als Marke schützen, wäre dies nach dem IGE geeignet, das religöse Empfinden zumindest eines Teils der christlichen Bevölkerung in der Schweiz zu verletzen. Das BVerwGer bestätigte diesen Entscheid (vgl. auch die NZZ mit weiteren Hinweisen).
Profane Bedeutungen des Ausdrucks “MADONNA” seien jedenfalls zu nahe bei der religiösen Bedeutung, als dass sie hier eine Rolle spielen könnten. Auch die Sängerin “Madonna” half hier nicht weiter:
“Die Sängerin Madonna hat mit Sicherheit einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert in der Unterhaltungsbranche. Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Sängerin die Verwendung des Begriffs zur Bezeichnung der Muttergottes derart überlagert, dass der religiöse Bedeutungsgehalt, insbesondere in den Gebieten der Schweiz mit italienisch sprechender Bevölkerung, in den Hintergrund treten würde.”
Auch der nicht eben schlagende Einwand der Beschwerdeführerin, die heilige Jungfrau sei nicht Teil der im Christentum zentralen Trinität, verfing nicht. Er zwang das BVerwGer aber dazu, sich die Frage zu stellen, “welche Rolle der Bezeichnung MADONNA als Synonym für Maria von Nazareth für katholische Christen einzuräumen ist:
“Im Italienischen wird die Muttergottes im Ave Maria und im Katechismus […] Maria, Madre di Cristo, Madre di Dio, Madre della Chiesa, Santa Vergine, nuova Eva genannt. Die Bezeichnung “Madonna” ist damit kein Begriff der katholischen Glaubenslehre. Hinzukommt, dass in der heutigen italienischen Sprache das Wort “Madonna” sehr viele, nicht religiöse Verwendungen haben kann […]. Als blosser Teil des Kulturguts müsste sich Madonna wie auch Marc Aurel als Werbeträger für Rasierschaum einiges gefallen lassen (MARBACH, a.a.O., N. 673: “berührt zwar peinlich, gilt jedoch markenrechtlich als unproblematisch”). […] Andererseits wird die Mutter Jesu, wie bereits ausgeführt, auch unter der Bezeichnung Madonna im täglichen Gebet angerufen. Die Ehrerbietung, welche der Muttergottes entgegengebracht wird, manifestiert sich unter anderem in der auch heute in der Schweiz lebendigen Madonnenverehrung […]. Festzuhalten ist damit, dass jedenfalls für einen überwiegenden Teil der katholischen Christen, in der italienischen Schweiz (vgl. E. 4.3 hiervor), die Bezeichnung “Madonna” nicht bloss der Name einer religiösen Figur, sondern vielmehr einen Ehrentitel (Invokation) wie “Allmächtiger”, “Messias” oder “Gott” darstellt. Die Ehrerbietung in “Madonna” unterscheidet den Begriff semantisch von blossen Vornamen.”
Im Ergebnis war der Name “Madonna” daher vor dem Markenschutz zu schützen:
“Solche religiös-ehrerbietigen Invokationen zentraler Figuren (vgl. E. 5.2) sind vom Markenschutz auszuschliessen.”