B‑2419/2008: Markenschutz von “MADONNA” wäre sittenwidrig

Der marken­rechtliche Schutz des Aus­drucks “MADONNA” wäre sit­ten­widrig iSv MSchG 2, wie das BVer­wGer fest­stellte. Das Ein­tra­gungs­ge­such stammte nicht von der vom BVer­wGer als solchen beze­ich­neten “Pop-Ikone” Madon­na (ob der Aus­druck “Ikone” in diesem Zusam­men­hang als Anspielung ver­wen­det wurde, bleibt ungewiss), son­dern von einem Seifen- und Par­fümeriehersteller. Das IGE hat­te das Ein­tra­gungs­ge­such abgewiesen; würde man den Aus­druck “MADONNA” als Marke schützen, wäre dies nach dem IGE geeignet, das religöse Empfind­en zumin­d­est eines Teils der christlichen Bevölkerung in der Schweiz zu ver­let­zen. Das BVer­wGer bestätigte diesen Entscheid (vgl. auch die NZZ mit weit­eren Hinweisen).
Pro­fane Bedeu­tun­gen des Aus­drucks “MADONNA” seien jeden­falls zu nahe bei der religiösen Bedeu­tung, als dass sie hier eine Rolle spie­len kön­nten. Auch die Sän­gerin “Madon­na” half hier nicht weiter: 

Die Sän­gerin Madon­na hat mit Sicher­heit einen nicht zu unter­schätzen­den Stel­len­wert in der Unter­hal­tungs­branche. Den­noch kann nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Sän­gerin die Ver­wen­dung des Begriffs zur Beze­ich­nung der Mut­ter­gottes der­art über­lagert, dass der religiöse Bedeu­tungs­ge­halt, ins­beson­dere in den Gebi­eten der Schweiz mit ital­ienisch sprechen­der Bevölkerung, in den Hin­ter­grund treten würde.”

Auch der nicht eben schla­gende Ein­wand der Beschw­erde­führerin, die heilige Jungfrau sei nicht Teil der im Chris­ten­tum zen­tralen Trinität, verf­ing nicht. Er zwang das BVer­wGer aber dazu, sich die Frage zu stellen, “welche Rolle der Beze­ich­nung MADONNA als Syn­onym für Maria von Nazareth für katholis­che Chris­ten einzuräu­men ist:

Im Ital­ienis­chen wird die Mut­ter­gottes im Ave Maria und im Kat­e­chis­mus […] Maria, Madre di Cristo, Madre di Dio, Madre del­la Chiesa, San­ta Vergine, nuo­va Eva genan­nt. Die Beze­ich­nung “Madon­na” ist damit kein Begriff der katholis­chen Glaubenslehre. Hinzukommt, dass in der heuti­gen ital­ienis­chen Sprache das Wort “Madon­na” sehr viele, nicht religiöse Ver­wen­dun­gen haben kann […]. Als bloss­er Teil des Kul­turguts müsste sich Madon­na wie auch Marc Aurel als Wer­be­träger für Rasier­schaum einiges gefall­en lassen (MARBACH, a.a.O., N. 673: “berührt zwar pein­lich, gilt jedoch marken­rechtlich als unprob­lema­tisch”). […] Ander­er­seits wird die Mut­ter Jesu, wie bere­its aus­ge­führt, auch unter der Beze­ich­nung Madon­na im täglichen Gebet angerufen. Die Ehrerbi­etung, welche der Mut­ter­gottes ent­ge­genge­bracht wird, man­i­festiert sich unter anderem in der auch heute in der Schweiz lebendi­gen Madon­nen­verehrung […]. Festzuhal­ten ist damit, dass jeden­falls für einen über­wiegen­den Teil der katholis­chen Chris­ten, in der ital­ienis­chen Schweiz (vgl. E. 4.3 hier­vor), die Beze­ich­nung “Madon­na” nicht bloss der Name ein­er religiösen Fig­ur, son­dern vielmehr einen Ehren­ti­tel (Invoka­tion) wie “Allmächtiger”, “Mes­sias” oder “Gott” darstellt. Die Ehrerbi­etung in “Madon­na” unter­schei­det den Begriff seman­tisch von blossen Vornamen.”

Im Ergeb­nis war der Name “Madon­na” daher vor dem Marken­schutz zu schützen:

Solche religiös-ehrerbi­eti­gen Invoka­tio­nen zen­traler Fig­uren (vgl. E. 5.2) sind vom Marken­schutz auszuschliessen.”