5A_260/2010: Definitive Rechtsöffnung und Einwendungen bei vollstreckbaren Urkunden (amtl. Publ.)

Das BGer hat­te zu entschei­den, ob eine beglaubigte Aus­fer­ti­gung ein­er deutschen notariellen Urkunde mit Zwangsvoll­streck­ung­sun­ter­w­er­fung – nach § 794 Abs. 1 Ziff. 5 der deutschen ZPO ein Voll­streck­ungsti­tel – zur defin­i­tiv­en Recht­söff­nung berechtigt. Nach LugÜ 50 sind “öffentliche Urkun­den, die in einem Ver­tragsstaat aufgenom­men und voll­streck­bar” sind, in anderen Ver­tragsstaat­en zu vollstrecken.

Der Beschw­erde­führer machte aber gel­tend, es gehe vor­liegend um eine Urkunde, deren Inhalt nie materiell über­prüft wurde, weshalb die defin­i­tive Recht­söff­nung gegen EMRK 6 Ziff. 1 und den Ordre pub­lic ver­stosse. Das BGer weist dies zurück, obwohl (erst) die neue ZPO durch eine Änderung von SchKG 81 sofort beweis­bare Ein­wände gegen die materielle Berech­ti­gung voll­streck­bar­er öffentlich­er Urkun­den ein­führen wird.

Nach herrschen­der Ansicht ist bei voll­streck­baren öffentlichen Urkun­den defin­i­tive Recht­söff­nung zu gewähren. Das BGer sieht angesichts des Wort­lauts von LugÜ 50 auch keine andere Möglichkeit.

Der Umstand, dass die eid­genös­sis­che ZPO die voll­streck­bare öffentliche Urkunde im Bin­nen­ver­hält­nis ein­führt, aber mit zusät­zlichen Vertei­di­gungsmöglichkeit­en, die auf die materielle Berech­ti­gung der Forderung zie­len (vgl. die Neu­fas­sung von SchKG 81 II; unten), macht die defin­i­tive Recht­söff­nung nach gel­ten­dem Recht (also ohne die Ein­wen­dun­gen des neuen Abs. 2) nicht ordre public-widrig.

Das BGer lässt die Frage, ob die Ein­wen­dun­gen nach revSchKG 81 II auch gegen aus­ländis­che voll­streck­bare Urkun­den möglich sein wer­den, aus­drück­lich offen.

SchKG 81 wird ab dem 1. Jan­u­ar 2011 fol­gen­den Wort­laut haben:

Art. 81

1 Beruht die Forderung auf einem voll­streck­baren Entscheid eines schweiz­erischen Gerichts oder ein­er schweiz­erischen Ver­wal­tungs­be­hörde, so wird die defin­i­tive Recht­söff­nung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkun­den beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entschei­ds getil­gt oder ges­tun­det wor­den ist, oder die Ver­jährung anruft.
2 Beruht die Forderung auf ein­er voll­streck­baren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weit­ere Ein­wen­dun­gen gegen die Leis­tungspflicht gel­tend machen, sofern sie sofort beweis­bar sind.
3 Ist ein Entscheid in einem andern Staat ergan­gen, so kann der Betriebene überdies die Ein­wen­dun­gen gel­tend machen, die im betr­e­f­fend­en Staatsver­trag oder, wenn ein solch­er fehlt, im Bun­des­ge­setz vom 18. Dezem­ber 1987 über das Inter­na­tionale Pri­va­trecht vorge­se­hen sind.”