6B_890/2010: Opferstellung bei Tätlichkeit

Wen­ngle­ich Bagatellde­lik­te, die nur uner­he­bliche Beein­träch­ti­gun­gen bewirken, vom Anwen­dungs­bere­ich des OHG grund­sät­zlich ausgenom­men sind, kann auch eine Tätlichkeit die Opfer­stel­lung nach dem OHG begrün­den, wenn sie zu ein­er nicht uner­he­blichen psy­chis­chen Beein­träch­ti­gung führt (vgl. BGE 125 II 265 E. 2a/aa und 2e/bb m.w.H.). Entschei­dend ist, dass die Beein­träch­ti­gung der Integrität des Geschädigten das legit­ime Bedürf­nis begrün­det, die Hil­f­sange­bote und die Schutzrechte des Opfer­hil­fege­set­zes ganz oder zumin­d­est teil­weise in Anspruch zu nehmen.

In einem kür­zlich vom Bun­des­gericht entsch­iede­nen Fall (Urteil 6B_890/2010 vom 21. Dezem­ber 2010) erre­icht­en die Ver­let­zun­gen und psy­chis­che Beein­träch­ti­gun­gen des jugendlichen Beschw­erde­führers, der gegen die Ein­stel­lung des Strafver­fahrens wegen Tätlichkeit gemäss Art. 126 StGB gegen den Beschw­erdegeg­n­er vorg­ing, offen­sichtlich nicht ein Mass, das nach Hil­f­sange­boten und/oder Schutzrecht­en des OHG ver­lan­gen würde, weshalb die Opfer­stel­lung zu verneinen war. Der Beschw­erdegeg­n­er habe ihn, so der sechzehn­jährige Beschw­erde­führer, bäuch­lings, mit dem Gesicht voraus, in einen Schnee­haufen gedrückt und ihm anschliessend auf ihm knieend Schnee ins Gesicht beziehungsweise in den Mund gestopft.