Das BGer hatte DBG 24 d (Befreiung bestimmter Unterstützungsleistungen von der direkten Bundessteuer) auszulegen. Es zeigt dabei deutliche Sympathie für die Lehrmeinung, dieser Befreiungstatbestand schaffe eine Ungleichheit vor dem Gesetz, indem es Einkommen aus Erwerbstätigkeit anders behandle als Einkünfte aus Unterstützungsleistungen. Das BGer legt DBG 24 d deshalb verfassungskonform aus. Im Ergebnis sei der Tatbestand von DBG 24 d wie folgt zu umschreiben (Hervorhebungen hinzugefügt):
- “le bénéficiaire se trouve dans une situation de gêne (besoin, “Bedürftigkeit”);
- lorsqu’elle verse des prestations au bénéficiaire, l’entité — qu’elle soit au demeurant de droit public ou privé — y procède dans le but de lui venir en aide (motif de bienfaisance ou d’assistance; “Unterstützung”); et, enfin,
- que le versement ait un caractère désintéressé et non onéreux, soit l’absence de contre-prestation ou de contre-partie exigée de la part du bénéficiaire (gratuité, “Unentgeltlichkeit”).”
In der konkreten Anwendung präzisiert das BGer diesen Tatbestand weiter:
- Die Anwendung bleibt auf Fälle klarer bzw. nachgewiesener Bedürftigkeit (“indigence avérée”) beschränkt.
- Eine Bedürftigkeit liegt nicht erst bei Erreichen des betreibungsrechtlichen Existenzminimums oder der Unpfändbarkeit iSv SchKG 92 ff vor, sondern bereits dann, wenn ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen nach ELG 9 ff. besteht. Alle Einnahmen aus privaten Mitteln, die diese Schwelle nicht überschreiten, sind von DBG 24 d erfasst.
- Es schadet nicht, wenn die Unterstützungsleistungen von einer Stiftung mit einem geschlossenen Begünstigtenkreis stammen (es wird also keine Verpflichtung auf das Gemeinwohl vorausgesetzt).
- Ferner schadet ein Zusammenhang zwischen der Begünstigung einer Person mit deren früheren Anstellung beim der Stiftung verbundenen Unternehmen mindestens dann nicht, wenn dieser Zusammenhang lediglich darin besteht, den Kreis der Begünstigten zu umschreiben. Die kantonale Steuerverwaltung VD hatte zu Unrecht angenommen, eine solche Verbindung zwischen Unterstützung und früherer Anstellung lasse die Unterstützungsleistung als Gegenleistung für geleistete Arbeit erscheinen.
- Eine Unterstützungsleistung iSv DBG 24 d kann auch von einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge stammen, denn DBG 24 d ist als umfassende Ausnahme zum ebenso umfassenden DBG 16 I (der Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge umfasst, DBG 22 I und BVG 83) zu verstehen.