2C_733/2010: Art. 58 VwVG; Gegenstandslosigkeit aufgrund Wiedererwägung

Das BGer hat mit Urteil vom 16. Feb­ru­ar 2011 (2C_733/2010) eine Beschw­erde gegen einen Abschrei­bungsentscheid des BVGer gut­ge­heis­sen. Eine Heilmit­tel­pro­duzentin hat­te das Schweiz­erische Heilmit­telin­sti­tut (Swissmedic) ersucht, die Abgabekat­e­gorie ihrer Prä­parate von der Kat­e­gorie B in die Kat­e­gorie C zu ändern. Das Gesuch wurde abgewiesen und zugle­ich eine Änderung der Arzneimit­telin­for­ma­tion ver­langt, woraufhin die Her­stel­lerin beim BVGer Beschw­erde erhob. In der Folge zog Swissmedic ihre Ver­fü­gung von Amts wegen in Wieder­erwä­gung und beantragte, das Beschw­erde­v­er­fahren bis zum Erlass der neuen Ver­fü­gung zu sistieren. Das BVGer kam diesem Antrag nach. In einem Vorbescheid stellte Swissmedic in Aus­sicht, das Gesuch teil­weise zuzu­lassen bzw. teil­weise abzuweisen. Die Beschw­erde wurde daraufhin vom Bun­desver­wal­tungs­gericht als gegen­stand­s­los abgeschrieben. Darin sah Swissmedic eine Ver­let­zung von Art. 58 VwVG.

Das BGer ver­weist in seinem Entscheid darauf, dass das form­lose Vorbeschei­d­ver­fahren in Ver­wal­tungsver­fahren, in welchen keine Ein­sprachemöglichkeit beste­ht, die Gewährung des rechtlichen Gehörs bere­its vor Erlass der endgülti­gen Ver­fü­gung ermöglichen solle, um bei den Betrof­fe­nen eine verbesserte Akzep­tanz zu bewirken (E. 2.2 mit Hin­weis auf BGE 134 V 97 E. 2.6 f.):

2.3 Mit dem wieder­erwä­gungsweise ergan­genen Vorbescheid ist, wie die Beschw­erde­führerin zu Recht ein­wen­det, noch keine neue Ver­fü­gung getrof­fen, son­dern eine solche lediglich in Aus­sicht gestellt wor­den. Unter diesen Umstän­den lässt sich nicht defin­i­tiv beurteilen, in welchem Umfang die bei der Vorin­stanz erhobene Beschw­erde auf­grund des noch zu fäl­len­den neuen Entschei­ds gegen­stand­s­los wird. Der vorin­stan­zliche Abschrei­bungsentscheid ist daher ver­früht ergangen. […]


Ergänzend hält das BGer fest, dass die Abschrei­bung des vorin­stan­zlichen Ver­fahrens aber selb­st dann unrecht­mäs­sig erfol­gt sei, wenn der Vorbescheid als Ver­fü­gung ange­se­hen würde. Denn mit dem Vorbescheid habe Swissmedic lediglich in Aus­sicht gestellt, dass sie auf die Änderung der Arzneimit­telin­for­ma­tion verzicht­en werde, während sie zugle­ich mit­geteilt habe, dass die Umteilung in eine andere Abgabekat­e­gorie erneut abgewiesen wer­den würde (E. 3.3). Da dem Rechts­begehren nicht vol­lum­fänglich entsprochen wor­den wäre, war das Beschw­erde­v­er­fahren vor dem BVGer nicht gegen­stand­s­los im Sinne von Art. 58 VwVG geworden:

3.2 Es ist ein all­ge­mein­er Ver­fahrens­grund­satz, dass die Wieder­erwä­gung der ange­focht­e­nen Ver­fü­gung während eines hängi­gen Ver­fahrens nur dann zur Gegen­stand­slosigkeit führt, wenn mit der Wieder­erwä­gung den im Beschw­erde­v­er­fahren gestell­ten Rechts­begehren vol­lum­fänglich entsprochen wor­den ist; entspricht die nach Wieder­erwä­gung erlassene Ver­fü­gung indessen nur teil­weise den gestell­ten Begehren, darf die Beschw­erde nicht ins­ge­samt als gegen­stand­s­los betra­chtet wer­den; in diesem Fall ist das Beschw­erde­v­er­fahren weit­erzuführen, soweit es durch die neue Ver­fü­gung nicht hin­fäl­lig gewor­den ist […]