4A_618/2010: Auslegung eines Rechtsbegehrens; willkürliche Verletzung der Dispositionsmaxime (OGer AG)

Der Beschw­erde­führer hat­te vor dem Bezirks­gericht Brem­garten auf Zahlung ein­er Genug­tu­ung geklagt. Das Ver­fahren wurde in der Folge auf die Frage der Haf­tung beschränkt. Die Klage wurde abgewiesen. Vor OGer AG stellte der Beschw­erde­führer das Begehren, es sei festzustellen, dass die Beschw­erdegeg­n­er für den Schaden haften, und das Ver­fahren sei auf die Frage der Haf­tung zu beschränken. Das OGer trat auf darauf nicht ein: Es han­dle sich um ein Fest­stel­lungs­begehren, doch fehle ein Feststellungsinteresse.

Diese Ausle­gung des Rechts­begehrens beurteilt das BGer jet­zt als willkür­lich. Da es vor dem Bezirks­gericht Brem­garten und dann vor dem OGer nur um den Grund­satz der Haf­tung ging, kon­nte in sein­er Appel­la­tion kein Leis­tungs­begehren gestellt wer­den; Gegen­stand des vorin­stan­zlichen Ver­fahrens war nur die Frage, ob das Bezirks­gericht Brem­garten die Haf­tung zu Unrecht verneint hat­te. Deshalb durfte das Rechts­begehren nicht dahinge­hend aus­gelegt wer­den, die Leis­tungsklage sei durch eine Fest­stel­lungsklage erset­zt worden: 

Der Beschw­erde­führer for­mulierte sein Haupt­begehren nur deshalb wie ein Fest­stel­lungs­begehren, weil er der Auf­fas­sung war, im auf die Vor­frage der Haf­tung beschränk­ten Ver­fahren sei gar kein anderes Rechts­begehren möglich. Der Beschw­erde­führer wollte aber an sein­er Leis­tungsklage fes­thal­ten. Dies zeigt sein Even­tu­al­begehren, das er als Leis­tungs­begehren for­muliert und für den Fall gestellt hat, dass das Ver­fahren nicht auf die Frage der Haf­tung sowie der Haf­tungsquote beschränkt sein sollte. Indem die Vorin­stanz das Haupt­begehren des Beschw­erde­führers als eigentlich­es Fest­stel­lungs­begehren qual­i­fizierte und man­gels Nach­weis­es eines Fest­stel­lungsin­ter­ess­es auf die Appel­la­tion nicht ein­trat, hat sie das Rechts­begehren offen­sichtlich treuwidrig aus­gelegt und somit willkür­lich gegen den Dis­po­si­tion­s­grund­satz des § 75 Abs. 2 ZPO/AG verstossen.”