Das vorliegende Verfahren betraf die Kündigung eines Mietverhältnisses durch die Vermieterin. Das Mietobjekt war ein Hotel/Restaurant mit Wohnungen, das im Rahmen eines Doppelaufrufs (SchKG 142) ohne die Belastungen erworben worben war. Die Kündigung des nicht im Grundbuch angemerkten Mietverhältnisses erfolgte in analoger Anwendung von OR 261 II a (gemäss BGE 128 III 82 E. 2). Die Mieter fochten die Kündigung an und verlangten gleichzeitig eine Reduktion des Mietzinses.Das BGer hält fest, dass die Kündigung an sich nichtig war, die Berufung auf die Nichtigkeit aber rechtsmissbräuchlich.
Vor BGer war zunächst strittig, ob es sich beim Mietobjekt um eine Familienwohnung iSv OR 266m f. handelte; in diesem Fall wäre die Kündigung mit einem Formfehler behaftet gewesen (keine Zustellung an die Ehefrau, OR 266n). Das BGer trat auf die Beschwerde ein. Der erforderliche Streitwert (BGG 74 I) berechnet sich bei der Anfechtung einer Mietkündigung nach dem Mietzins, der bei Gutheissung der Anfechtung bis zur nächstmöglichen Kündigung mindestens aufgelaufen wäre.
Aufgrund des Geschäftsübertragungsvertrags mit den Vormietern (dazu BGE 129 III 18 ff.) war erstellt, dass der überwiegende Zweck der Miete im Betrieb eines Geschäfts bestand. Gleichzeitig diente aber ein Teil des Mietobjekts als Familienwohnung. Das BGer schliesst sich hier der herrschenden Ansicht an, wonach der besondere Schutz der Familienwohnung nach OR 266m f. in solchen Fällen gemischter Nutzung greift.
Die Kündigung war aufgrund der besonderen Umstände dennoch wirksam, weil die Berufung auf ihre Nichtigkeit rechtsmissbräuchlich war. Die Mieter hatten ihre aufgrund der konkreten Umstände (u.a. waren sie damals juristisch beraten) bestehende Obliegenheit verletzt, die Vermieterin von der Nutzung des Objekts u.a. als Familienwohnung zu informieren:
“Du moment que l’intimée a acquis l’immeuble dans une vente forcée lors de la seconde mise à prix [Erwerb im Doppelaufruf], en particulier sans le bail conclu par les recourants avec les anciennes propriétaires, et que le bien-fonds contenait essentiellement des locaux commerciaux à usage d’hôtel-restaurant, il incombait aux demandeurs de faire part à l’adjudicataire [Ersteigerer] qu’une partie des locaux pris à bail servait également de logement de famille. Les recourants étaient parfaitement à même d’atteindre la bailleresse, puisque trois jours seulement après la vente forcée […], leur conseil d’alors a écrit à l’intimée que les locataires étaient titulaires d’un bail portant sur une partie de l’immeuble acquis aux enchères par celle-ci et que la bailleresse était mise en demeure d’opérer dans les cinq jours divers travaux dans le bâtiment. Les recourants n’ont cependant pas averti l’intimée […] de la constitution en cours de bail (i e. plusieurs années après sa passation avec les anciennes propriétaires de l’immeuble) d’un logement familial dans les locaux à usage d’hôtel-restaurant.”