2C_834/2010: “unbescholtener Leumund” iSv RAG 4 I und RAV 4; vergangene zivilrechtliche Verfehlungen

Das BGer bestätigt die Auf­fas­sung des BVGer, 

dass bei der Gewährs- und Leu­mund­sprü­fung ver­schiedene Ele­mente wie Integrität, Gewis­senhaftigkeit und ein­wand­freie Sorgfalt als beruf­sspez­i­fis­che Leu­mundsmerk­male oder all­ge­meine Eigen­schaften wie Anse­hen, Achtung und Ver­trauenswürdigkeit zu berück­sichti­gen seien. Unter Umstän­den kön­nten auch Aktiv­itäten, die über die Tätigkeit als Revi­sor und Revi­sion­sex­perte hin­aus­gin­gen, die Beurteilung ein­er ein­wand­freien Prüftätigkeit bee­in­flussen. Eine ein­wand­freie Prüftätigkeit erfordere fach­liche Kom­pe­tenz und ein kor­rek­tes Ver­hal­ten im Geschäftsverkehr. Unter Let­zterem sei in erster Lin­ie die Ein­hal­tung der Recht­sor­d­nung, namentlich des Revi­sion­srechts, aber auch des Ziv­il- und Strafrechts, sowie die Beach­tung des Grund­satzes von Treu und Glauben zu ver­ste­hen. Mit dem Gebot der ein­wand­freien Prüftätigkeit nicht zu vere­in­baren seien deshalb Ver­stösse gegen ein­schlägige Recht­snor­men bzw. gegen die Treue- und Sorgfaltspflichten.”

Im konkreten Fall war der Entzug der per­sön­lichen Zulas­sung als Revi­sion­sex­perte unver­hält­nis­mäs­sig. Ein Entzug der Zulas­sung ist ulti­ma ratio. Bei der Beurteilung des Leu­munds kann das zeitliche Ele­ment eine Rolle spie­len, denn einige Zeit zurück­liegende Pflichtver­let­zun­gen trüben den Leu­mund weniger als neuere Verstösse.

Im Bere­ich des Strafrechts enthält RAV 4 II a die Regel, dass strafrechtliche Verurteilun­gen nur zu berück­sichti­gen sind, solange deren Ein­trag im Zen­tral­strafreg­is­ter nicht ent­fer­nt ist. Im Zivil­recht existiert keine ver­gle­ich­bare Regel; hier beurteilt sich “unter den gegebe­nen Umstän­den auf­grund des Zeitablaufs seit den fraglichen Hand­lun­gen”, ob ein fehler­haftes Ver­hal­ten (das hier vor­lag) den Leu­mund weit­er­hin beeinträchtigt:

Mit Blick auf die erwäh­n­ten Regelun­gen darf davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass auch Wider­hand­lun­gen gegen revi­sion­srechtliche Vorschriften, die zu kein­er strafrechtlichen Verurteilung führten und weit mehr als zehn Jahre - im vor­liegen­den Fall min­destens 16 Jahre — zurück­liegen, dem Revi­sor bzw. Revi­sion­sex­perten grund­sät­zlich nicht mehr ent­ge­genge­hal­ten wer­den kön­nen. Dies gilt jeden­falls dann, wenn der Betr­e­f­fende sei­ther die entsprechende beru­fliche Tätigkeit ohne jede Bean­stan­dung weit­er­hin aus­geübt hat […].”