Ein Kläger (und Beschwerdegegner) hatte einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück gekauft, woraufhin die Rechtsnachfolger der Miteigentümerin der anderen Hälfte das gesetzliche Vorkaufsrecht ausgeübt haben und auf Anmeldung der Verkäufer hin im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden sind. Der Kläger hat nicht die Verkäufer eingeklagt, die es vielmehr ihm überlassen haben, die im Zusammenhang mit einer allenfalls ungültigen Ausübung des Vorkaufsrechts entstandenen Ansprüche geltend zu machen. Er hat stattdessen direkt Klage gegen die im Grundbuch neu als Eigentümer der Miteigentumshälfte eingetragenen Beklagten (und Beschwerdeführer) erhoben. Er wirft ihnen eine – aus verschiedenen Gründen – ungültige Ausübung des Vorkaufsrechts vor. Streitig war, ob und gegebenenfalls wie diese angebliche Ungültigkeit durch den Kläger geltend gemacht werden kann. Das BGer hat die Beschwerde mit Urteil vom 1. Juni 2011 (5A_664/2010), das für die amtliche Sammlung vorgesehen ist, teilweise gutgeheissen.
Zur rechtlichen Ausgangslage führt das BGer an:
2.2. [….] Die rechtsgültige Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts im Miteigentumsverhältnis gibt dem Vorkaufsberechtigten einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der Sache, die der Vorkaufsbelastete einem Nichtmiteigentümer hat verkaufen wollen, lässt deren vertragliche Beziehung aber unangetastet (vgl. BGE 134 III 597 E. 3.4.1 S. 604). Der Käufer verliert zwar seinen Anspruch auf Eigentumsverschaffung gemäss Kaufvertrag, doch kann ihm der Vorkaufsbelastete nach Art. 97 ff. OR schadenersatzpflichtig werden […], wenn er zum Beispiel den Vorkaufsberechtigten zur Eintragung im Grundbuch anmeldet, obschon er um die Mängel der Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts weiss oder zumindest wissen müsste (vgl. Urteil 5C.197/1992 vom 18. März 1993 E. 2b/bb). Die Ansprüche des Käufers richten sich somit gegen den Verkäufer als Vertragspartner. Inwiefern und welche Ansprüche dem Käufer gegen den Vorkaufsberechtigten zustehen, der sein Recht ausgeübt hat und im Grundbuch als Eigentümer des Miteigentumsanteils eingetragen worden ist, erscheint in Rechtsprechung und Lehre als wenig geklärt (vgl. BGE 110 II 447 E. 1 S. 449 f. […]).
Zunächst wurde die Aktivlegitimation zur Grundbuchberichtigungsklage gemäss Art. 975 ZGB durch die Vorinstanz richtigerweise verneint. Aktivlegitimiert ist, wer durch den Eintrag in seinen dinglichen Rechten verletzt ist; der bloss obligatorisch Berechtigte ist hingegen nicht legitimiert (E. 3.1). Der Käufer kann folglich nicht auf dem Weg der Grundbuchberichtigungsklage geltend machen, ein Vorkaufsrecht sei ungültig ausgeübt worden und deshalb die Eintragung des Vorkaufsberechtigten im Grundbuch zu Unrecht erfolgt. Im vorliegenden Fall war zu klären, ob der Kläger mit Zustimmung der Verkäufer in seinem eigenen Namen die Grundbuchberichtigungsklage erheben kann:
3.2 […] Die Befugnis, den Prozess in eigenem Namen als Partei anstelle des materiell Berechtigten zu führen (sog. gewillkürte Prozessstandschaft), kann rechtsgeschäftlich nicht übertragen werden. Das schweizerische Recht kennt keine auf die Prozessführungsbefugnis oder ein Klagerecht beschränkte Abtretung, sondern nur die Abtretung des materiell-rechtlichen Anspruchs, mit der die Berechtigung übergeht, den Anspruch vor Gericht in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. BGE 78 II 265 E. 3a S. 274/275 […]). Einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung ohne das damit untrennbar verbundene dingliche Recht haben die Verkäufer dem Kläger […] deshalb nicht abtreten können […].
3.3 [Bei] Art. 14 Abs. 1 EGG [ist der] Käufer ausnahmsweise als legitimiert anzusehen, im Prätendentenstreit mit der Zustimmung des Verkäufers die Grundbuchberichtigungsklage zu erheben […]. Es handelt sich um einen Sonderfall aus dem bäuerlichen Vorkaufsrecht mit seinen besonderen Verfahrensvorschriften, der auf das gewöhnliche Vorkaufsrecht deshalb nicht übertragen werden kann […].
Daraufhin hat die Vorinstanz die Aktivlegitimation zu einer sog. Grundbuchberichtigungsklage sui generis bzw. einer der Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB analogen Klage (allgemeine Feststellungsklage) zu Recht bejaht. Die Feststellungsklage betrifft hier die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die beklagten Vorkaufsberechtigten gegenüber den nicht prozessbeteiligten Verkäufern, d.h. ein Rechtsverhältnis, das nicht zwischen dem Kläger und den Beklagten besteht, sondern zwischen der Beklagtenpartei und einem ausserhalb des Prozesses stehenden Dritten, der von der Rechtskraft des Feststellungsurteils somit nicht erfasst wird (E. 4.2). Ein schutzwürdiges Interesse an einer Feststellung besteht grundsätzlich nur, soweit die Rechtskraft des Urteils reicht:
4.2 […] Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtsbeziehung Dritter deshalb auch nur ausnahmsweise dann gegeben, wenn Bestand und Inhalt der Rechtsbeziehung unter den Parteien vom Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen Dritten bzw. zwischen einer der Prozessparteien und Dritten abhängt (BGE 93 II 11 E. 2c S. 16 […]). Das schutzwürdige Interesse fehlt, wenn die verlangte Feststellung gegenüber der betroffenen Person nicht verbindlich wäre, d.h. das angestrebte Feststellungsurteil den Dritten nicht zu binden vermag (BGE 93 II 11 E. 2c S. 17 […]).
4.3 Das Bundesgericht bejaht das Feststellungsinteresse, wenn es um die Frage geht, ob sich der Käufer eines Grundstücks durch ein ausgeübtes Vorkaufsrecht zurücksetzen lassen muss (BGE 109 II 51 E. 2 S. 53). […] Auf Grund der Vereinbarung […] zwischen dem Kläger und den Verkäufern ist indessen davon auszugehen, dass die gerichtliche Feststellung, das Vorkaufsrecht sei nicht innert Frist rechtswirksam ausgeübt worden, den Verkäufern entgegengehalten werden kann. Gestützt darauf ist der Kläger befugt, im Namen der nicht prozessbeteiligten Verkäufer das Feststellungsurteil gegen die Beklagten beim Grundbuch zur Eintragung anzumelden […]. Die Änderung der Eintragung im Grundbuch kann somit auf blosse Feststellung hin, dass die Beklagten ihr Vorkaufsrecht nicht rechtswirksam ausgeübt und folglich das Eigentum am fraglichen Miteigentumsanteil nicht erworben haben, als zweifelsfrei gesichert gelten ([…] BGE 97 II 371 E. 2 S. 375 f. […]).
Schliesslich sah die Vorinstanz auch die Aktivlegitimation zur Klage auf Anweisung an das Grundbuch, ihn selber oder eventuell die Verkäufer als Eigentümer des Miteigentumsanteils einzutragen. Nach Auffassung des BGer bedeutet das ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen, weil zwischen der Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB und der allgemeinen Feststellungsklage kein Unterschied mehr gemacht werde (5./5.4):
5.2 […] Das beantragte Feststellungsurteil hat zum Inhalt, dass die Beklagten das Vorkaufsrecht gegenüber den Verkäufern nicht rechtsgültig ausgeübt haben und dass die Verkäufer deshalb die wirklichen Eigentümer des Miteigentumsanteils sind. Nicht durch das Feststellungsurteil bestimmt werden hingegen die Rechte des Klägers gegenüber den Verkäufern, die sich allein aus dem Kaufvertrag ergeben. Daraus folgt, (1.) dass das Feststellungsurteil den obsiegenden Kläger — im Gegensatz zum Urteil über die Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB (E. 5.1) — nicht als wahren Berechtigten ausweist, der gemäss Art. 963 Abs. 2 ZGB die Eintragung im Grundbuch anmelden kann, und (2.) dass nur die Verkäufer als wirkliche Eigentümer des Miteigentumsanteils die Eintragung im Grundbuch verlangen können. Die Verkäufer haben zunächst gestützt auf das Feststellungsurteil die Beklagten als Eigentümer des Miteigentumsanteils im Grundbuch löschen und sich selber wieder als Eigentümer eintragen zu lassen, bevor sie die Eigentumsübertragung gemäss dem Kaufvertrag an den Kläger beim Grundbuch anmelden können […]. Der Kläger ist somit nicht legitimiert, im Feststellungsprozess die Anweisung an das Grundbuchamt zu beantragen, sich selber als Eigentümer des Miteigentumsanteils im Grundbuch einzutragen. Die Grundbuchanmeldung muss von den Verkäufern ausgehen.
5.3 […] Denn zum Erwerb des Grundeigentums bedarf es der Eintragung im Grundbuch (Art. 656 Abs. 1 ZGB), und im Bereich dieses absoluten Eintragungsprinzips hat die Grundbuchanmeldung nicht bloss die Bedeutung eines formellen Antrags an den Grundbuchverwalter, die Änderung einer Eintragung vorzunehmen. Sie stellt vielmehr die materielle Verfügung über das Eigentum dar, die notwendigerweise vom dinglich Berechtigten auszugehen hat (vgl. BGE 109 II 99 E. 3 S. 10 1 […]). Der Eigentümer kann einem Dritten zwar die Vollmacht erteilen, die Eigentumsübertragung zur Eintragung im Grundbuch anzumelden (vgl. BGE 121 III 97 E. 4a S. 104). Da die Grundbuchanmeldung aber zugleich die materielle Verfügung über das dingliche Recht bedeutet, kann der Eigentümer einem Dritten nicht rechtsgeschäftlich die Befugnis einräumen, in eigenem Namen an seiner Stelle über sein im Grundbuch eingetragenes Recht zu verfügen […].
Im Ergebnis beschränkt sich in casu die Aktivlegitimation auf die allgemeine Feststellungsklage mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass die Beklagten ihr gesetzliches Vorkaufsrecht am Miteigentumsanteil des Grundstücks nicht innerhalb der gesetzlichen Frist rechtswirksam ausgeübt haben (E.6).