6B_1043/2010: Urkundenfälschung durch Computer-Collage und Farb-Scan (amtl. Publ.)

Das Bun­des­gericht hat sich in dem – zur amtlichen Pub­lika­tion bes­timmten – Urteil vom 28. Juni 2011 (6B_1043/2010) mit der Frage beschäftigt, ob eine Com­put­er-Col­lage eine Urkunde im Sinne des Art. 110 Abs. 4 StGB darstellt. Der Beschw­erde­führer hat­te auf dem Brief­pa­pi­er der B.-AG zu Han­den der in Grün­dung befind­lichen C.-GmbH eine Bestä­ti­gung der Prü­fung des Grün­dungs­berichts im Sinne von Art. 635a OR ver­fasst und auf dieses Schreiben die Orig­i­nalun­ter­schrift von D. einges­can­nt, weil er selb­st nicht über die erforder­liche Zulas­sung als Revi­sor nach Art. 3 ff. RAG ver­fügt. Die auf diese Weise erstellte Urkunde habe er in der Folge in Form eines Farb-Scans der mit der Grün­dung der C.- GmbH betraut­en E.-Consulting zu Han­den des Han­del­sreg­is­ter­amtes St. Gallen übergeben. Das Bun­des­gericht hat die Beschw­erde gegen die Verurteilung wegen Urkun­den­fälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 und 2 StGB abgewiesen.

Nach Auf­fas­sung des Bun­des­gerichts ging es dem Beschw­erde­führer offen­sichtlich darum, eine echte Urkunde mit ein­er orig­i­nalen Unter­schrift vorzutäuschen:

2.4 […] Ein solch­es Schrift­stück, das mit Com­put­er und Druck­er unter Ver­wen­dung eines selb­st ver­fassten Textes sowie ein­er darun­terge­set­zten, einges­can­nten frem­den Unter­schrift pro­duziert wird, gilt als schein­bare Orig­i­nalerk­lärung […] Die Frage, ob ein­er Fotokopie Urkun­deneigen­schaft zukommt, kann sich nur stellen, wo das Doku­ment erkennbar als solche in den Rechtsverkehr gebracht wird […]. Dies entschei­det sich let­ztlich nach dem Willen des Her­stellers. […] Aus dem Sachver­halt ergibt sich in klar­er Weise, dass es ihm [dem Beschw­erde­führer] und den weit­eren Beteiligten darum ging, beim Han­del­sreg­is­ter­amt die Grün­dung­sun­ter­la­gen und die von einem zuge­lasse­nen Revi­sor estellte [sic] Prü­fungs­bestä­ti­gung zur Anmel­dung der Gesellschaft im Han­del­sreg­is­ter einzure­ichen. Für die Ver­wen­dung als Kopie oder als Entwurf hätte es ohne weit­eres aus­gere­icht, ein Doku­ment ohne Unter­schrift einzureichen.

Fern­er war es im vor­liegen­den Fall ohne Bedeu­tung, ob die Kopie im Rechtsverkehr als Urkunde anerkan­nt ist (vgl. BGE 114 IV 26 E. 2c; 115 IV 51 E. 6):

2.4 […] Im Übri­gen set­zt die Anfer­ti­gung ein­er Kopie voraus, dass ein Orig­i­nal beste­ht. Dies ist hier nicht der Fall, denn das Doku­ment wurde mit­tels Com­put­er und Scan­ner als Col­lage hergestellt, so dass ein Orig­i­nal der Erk­lärung gar nicht existierte. Zudem ist der Aus­druck ein­er elek­tro­n­isch über­mit­tel­ten Erk­lärung stets ein Orig­i­nal. Eine Unter­schei­dung zwis­chen der ursprünglichen Erk­lärung und ein­er nachträglich vom Aussteller oder einem Drit­ten hergestell­ten Kopie oder Daten­spe­icherung ist nicht möglich […].

Die Argu­men­ta­tion des Beschw­erde­führers, wonach er nur eine Kopie versendet habe, welche vom Han­del­sreg­is­ter­amt nicht akzep­tiert wor­den sei, lässt das Bun­des­gericht nicht gelten:

2.4 […] Im Übri­gen ist die Urkun­den­fälschung vol­len­det, sobald der Täter die unechte Urkunde hergestellt bzw. die falschen Dat­en gespe­ichert hat, auch wenn von der Urkunde noch kein Gebrauch gemacht wurde (Urteil des Bun­des­gerichts 6S.296/2004 vom 10.1.2005 E. 1.2). Unbeachtlich ist im Weit­eren, dass die Sach­bear­bei­t­erin des Han­del­sreg­is­ter­amtes erkan­nt hat, dass es sich beim ein­gere­icht­en Doku­ment lediglich um eine Kopie han­delte. Denn auf die tech­nis­che Qual­ität der Fälschung kommt es nicht an. Wie die kan­tonalen Instanzen zu Recht erkan­nt haben, wird der Tatbe­stand der Urkun­den­fälschung auch durch eine plumpe, leicht erkennbare Fälschung erfüllt […].

Schliesslich hat die Vorin­stanz zu Recht das Han­deln in Schädi­gungs- oder Vorteilsab­sicht bejaht:

2.4 […] Ob durch die informelle Vor­prü­fung nie­mand am Ver­mö­gen geschädigt wer­den kann, ist nicht von Belang. […] Aus dem Umstand, dass die Sach­bear­bei­t­erin bere­its bei der Vor­prü­fung der Unter­la­gen gemäss Art. 940 OR bemerkt hat­te, dass die Prü­fungs­bestä­ti­gung nicht im Orig­i­nal vor­lag, kann der Beschw­erde­führer nichts zu seinen Gun­sten ableit­en. Im Rah­men der Vorteilsab­sicht ist entschei­dend, dass der Beschw­erde­führer bzw. die in Grün­dung befind­liche C.-GmbH durch die gefälschte Prü­fungs­bestä­ti­gung ein­er­seits Kosten sparte und einen Zeit­gewinn erzielte. Die dadurch erre­ichte Besser­stel­lung genügt für die Bejahung des Han­delns in der Absicht, sich oder einem anderen einen unrecht­mäs­si­gen Vorteil zu verschaffen […].