1B_314/2011: Aufhebung einer Nichtanhandnahmeverfügung; nicht wieder gutzumachender Nachteil und bedeutende Kosten- oder Zeitersparnis

Die Staat­san­waltschaft BL erliess in einem Strafver­fahren eine Nich­tan­hand­nah­mev­er­fü­gung. Das Kan­ton­s­gericht hob diese Ver­fü­gung auf und wies die Strafver­fol­gungs­be­hörde an, eine Unter­suchung zu eröff­nen sowie weit­ere Abklärun­gen durch Vor­nahme geeigneter Beweis­er­he­bun­gen zu tre­f­fen. Die Staat­san­waltschaft erhob gegen diesen Zwis­ch­enentscheid erfol­g­los Beschw­erde vor dem Bun­des­gericht (Urteil 1B_314/2011 vom 20. Sep­tem­ber 2011).

Gegen Vor- und Zwis­ch­enentschei­de ist die Beschw­erde ans Bun­des­gericht nach Art. 93 Abs. 1 BGG grund­sät­zlich nur zuläs­sig, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzu­machen­den Nachteil bewirken kann (lit. a) oder die Gutheis­sung der Beschw­erde sofort einen Endentscheid her­beiführen und damit einen bedeu­ten­den Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläu­figes Beweisver­fahren ers­paren würde (lit. b).

Die Beschw­erde­führerin brachte vor, in der ihr aufer­legten Pflicht, eine Stra­fun­ter­suchung zu eröff­nen, liege ein nicht wieder gutzu­machen­der Nachteil. Ihr sei nicht zuzu­muten, der von ihr als falsch erachteten Weisung Folge zu leis­ten. Zudem werde der Staat im Falle der Ein­stel­lung ein­er Stra­fun­ter­suchung oder eines Freis­pruchs gegenüber der beschuldigten Per­son grund­sät­zlich entschädi­gungspflichtig, was einen rechtlichen Nachteil für die Staat­san­waltschaft bedeute.

Allein in der Anweisung, eine Stra­fun­ter­suchung zu eröff­nen, bzw. in der damit ver­bun­de­nen Ver­teuerung und Ver­längerung des Ver­fahrens liegt kein nicht wieder gutzu­machen­der Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (E. 2.3; vgl. Urteil 1B_265/2011 vom 22. Juli 2011 E. 1.4). Auch andere Gründe greifen nicht:

2.4 Ein nicht wieder gutzu­machen­der Nachteil für die Beschw­erde­führerin lässt sich sodann auch nicht daraus ableit­en, dass eine beschuldigte Per­son nach Art. 429 ff. StPO unter Umstän­den Anspruch auf eine Entschädi­gung hat, wenn sie ganz oder teil­weise freige­sprochen wird oder das Ver­fahren gegen sie eingestellt wird. Der Anspruch der beschuldigten Per­son auf eine Entschädi­gung nach Art. 429 ff. StPO ist zwar eine mögliche Folge ein­er Ver­fahren­se­in­stel­lung oder eines Freis­pruchs, welche das Gemein­we­sen tre­f­fen kann. Es han­delt sich hier­bei aber nicht um einen konkreten rechtlichen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG für die vor­liegend beschw­erde­führende Staatsanwaltschaft.

Fern­er fällt hier eine Anfech­tung des vorin­stan­zlichen Zwis­ch­enentschei­ds gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG auss­er Betra­cht, zumal das Bun­des­gericht die Voraus­set­zung, wonach die Gutheis­sung der Beschw­erde einen bedeu­ten­den Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläu­figes Beweisver­fahren ers­paren muss, im Strafver­fahren restrik­tiv auslegt (E. 3; Urteil 1B_155/2011 vom 14. Juni 2011 E. 1.). Die Anweisung zur Vor­nahme geeigneter Beweis­er­he­bun­gen genügt jeden­falls nicht:

3. […] Ein bedeu­ten­der Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläu­figes Beweisver­fahren ist aber nicht notwendi­ger­weise Folge des vorin­stan­zlichen Zwis­ch­enentschei­ds. Dieser ver­hin­dert näm­lich nicht, dass die Beschw­erde­führerin nach Eröff­nung der Stra­fun­ter­suchung und den erforder­lichen Abklärun­gen das Ver­fahren ein­stellt, sofern sie dannzu­mal zum Schluss kommt, dass die Voraus­set­zun­gen für eine Ein­stel­lung nach Art. 319 StPO erfüllt sind.