6B_1090/2010: Bildung einer Gesamtstrafe und Verbot unbedingter kurzer Freiheitsstrafen (amtl. Publ.)

Wann ist die Bil­dung ein­er Gesamt­strafe recht­ens (vgl. Art. 89 StGB), und wie wirkt sich eine Gesamt­strafe auf das Ver­bot unbe­d­ingter kurz­er Frei­heitsstrafen aus (vgl. Art. 41 StGB)? Diese Fra­gen sind Gegen­stand des für die amtliche Samm­lung vorge­se­henen Urteils 6B_1090/2010 vom 14. Juli 2011. Das Bun­des­gericht bestätigt die Entschei­dung der Vorin­stanz und weist die dage­gen Beschw­erde ab.

Gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB bildet das Gericht in Anwen­dung von Art. 49 StGB eine Gesamt­strafe, wenn auf Grund der neuen Straftat die Voraus­set­zun­gen für eine unbe­d­ingte Frei­heitsstrafe erfüllt sind und diese mit der durch den Wider­ruf vol­lziehbar gewor­de­nen Rest­strafe zusammentrifft.

Und in Art. 41 StGB sieht das Gesetz für Strafen unter sechs Monat­en eine geset­zliche Pri­or­ität­sor­d­nung zugun­sten nicht frei­heit­sentziehen­der Sank­tio­nen vor, weshalb bei alter­na­tiv zur Ver­fü­gung ste­hen­den Sank­tio­nen im Regelfall diejenige zu wählen ist, die weniger stark in die per­sön­liche Frei­heit des Betrof­fe­nen ein­greift bzw. ihn am wenig­sten hart trifft. 

Das heisst:

2.4 […] Eine Gesamt­strafe […] kann nur aus­ge­fällt wer­den, wenn im konkreten Fall sowohl bei der neuen Strafe als auch bei der Rest­strafe die Voraus­set­zun­gen des unbe­d­ingten Vol­lzugs gegeben sind. Da diese zusam­men vol­l­zo­gen wer­den, ist auf die Gesamtlänge der Strafe abzustellen, die der Täter zu ver­büssen hat.

Im vor­liegen­den Fall rügte der Beschw­erde­führer, dass ihm die Sank­tion­sarten der Geld­strafe und gemein­nützi­gen Arbeit zu Unrecht ver­wehrt wor­den seien und die stattdessen aus­ge­sproch­ene Gesamt-Frei­heitsstrafe von sechs Monat­en das Ver­hält­nis­mäs­sigkeit­sprinzip verletze.

Die Strafzumes­sung war recht­mäs­sig, meint das Bundesgericht:

2.4 […] Eine Strafe ab sechs Monat­en fällt nicht mehr in den Anwen­dungs­bere­ich von Art. 41 StGB. Dies gilt auch, wenn es sich um eine Gesamt­strafe han­delt. Führen die Rest­strafe und die neue Strafe zu ein­er Gesamt­strafe von sechs Monat­en oder mehr, ste­ht daher Art. 41 StGB nicht mehr zur Diskussion.

In casu erachtete die Vorin­stanz eine Frei­heitsstrafe als angemessen, weil sich der Beschw­erde­führer wed­er durch seine zahlre­ichen Vorstrafen noch durch den Strafvol­lzug oder die bed­ingte Ent­las­sung von erneuter Delin­quenz abhal­ten liess. Angesichts der offen­sichtlichen Unmöglichkeit, den Beschw­erde­führer vor­liegend mit ein­er milderen Sank­tion­sart als ein­er Frei­heitsstrafe von Straftat­en abzuhal­ten, erken­nt das höch­ste Gericht in der vorin­stan­zlichen Straf­be­grün­dung keine Ver­let­zung von Bundesrecht.