Im Entscheid 4A_246/2011 vom 7. November 2011 (amtl. Publikation vorgesehen) setzte sich das Bundesgericht mit der Auslegung einer pathologischen Schiedsklausel auseinander.
Beschwerdeführer war ein Fussballclub, Beschwerdegegnerin eine Fussballagentur. Diese Parteien schlossen 2003 eine Vereinbarung betreffend den Transfer eines Spielers. Die Vereinbarung enthielt die folgende Klausel: “The competent instance in case of a dispute concerning this Agreement is the FIFA Commission, or the UEFA Commission, which will have to decide the dispute that could arise between the club and the agent.”
2008 leitete die Beschwerdegegnerin gestützt auf diese Klausel ein Schiedsverfahren beim FIFA Players’ Status Committee ein. Das FIFA Players’ Status Committee erklärte sich mit Verweis auf die Verfahrensordnung für unzuständig, da es sich bei der klagenden Agentur um eine juristische und nicht um eine natürliche Person handelte. In der Folge ersuchte die Beschwerdegegnerin das Obergericht Zürich um die Benennung eines Schiedsrichters. Das Obergericht ernannte daraufhin einen Einzelschiedsrichter. Dieser erklärte sich jedoch als unzuständig mit dem Argument, dass sich die Parteien einig seien, den Streit einem nach den Regeln einer Sportschiedsorganisation besetzten Sportschiedsgericht zu unterbreiten. Es ergebe sich demgegenüber kein Parteiwille, den Rechtsstreit einem Einzelschiedsrichter zu unterbreiten.
Im Frühjahr 2010 erhob die Beschwerdegegnerin beim Tribunal Arbitral du Sport (TAS) Schiedsklage. Der Beschwerdeführer bestritt die Zuständigkeit des TAS.
Das TAS erklärte sich mit einem Zwischenentscheid für zuständig. Der Beschwerdeführer beantragte mit Beschwerde in Zivilsachen mitunter die Feststellung, dass das TAS nicht zuständig sei (Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG).
Das Bundesgericht erläuterte einleitend die Grundsätze der Auslegung einer pathologischen Schiedsklausel (E. 2.2.3):
Unter einer Schiedsvereinbarung ist eine Übereinkunft zu verstehen, mit der sich zwei oder mehrere bestimmte oder bestimmbare Parteien einigen, eine oder mehrere, bestehende oder künftige Streitigkeiten verbindlich unter Ausschluss der ursprünglichen staatlichen Gerichtsbarkeit einem Schiedsgericht nach Massgabe einer unmittelbar oder mittelbar bestimmten rechtlichen Ordnung zu unterstellen (BGE 130 III 66 E. 3.1 S. 70). Entscheidend ist, dass der Wille der Parteien zum Ausdruck kommt, über bestimmte Streitigkeiten ein Schiedsgericht, d.h. ein nichtstaatliches Gericht, entscheiden zu lassen (BGE 129 III 675 E. 2.3 S. 679 f.). Das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht muss entweder bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein. Die Bestellung des Schiedsgerichts kann nach einer von den Parteien gewählten Regelung (Art. 179 Abs. 1 IPRG) oder durch Entscheid des Gerichts am Sitz des Schiedsgerichts (Art. 179 Abs. 2 IPRG) erfolgen (BGE 130 III 66 E. 3.1 S. 70 f.; 129 III 675 E. 2.3 S. 680). Bestimmungen in Schiedsvereinbarungen, die unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, gelten als pathologische Klauseln. Sofern sie nicht zwingende Elemente der Schiedsvereinbarung zum Gegenstand haben, namentlich die verbindliche Unterstellung der Streitentscheidung unter ein privates Schiedsgericht, führen sie nicht ohne Weiteres zu deren Ungültigkeit. Vielmehr ist vorerst durch Auslegung und allenfalls Vertragsergänzung in Anlehnung an das allgemeine Vertragsrecht nach einer Lösung zu suchen, die den grundsätzlichen Willen der Parteien respektiert, sich einer Schiedsgerichtsbarkeit zu unterstellen (BGE 130 III 66 E. 3.1 S. 71). Steht bezüglich der Schiedsvereinbarung kein tatsächlich übereinstimmender Wille der Parteien fest, so ist diese nach dem Vertrauensprinzip auszulegen, d.h. der mutmassliche Wille ist so zu ermitteln, wie er vom jeweiligen Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste (BGE 130 III 66 E. 3.2 S. 71; 129 III 675 E. 2.3 S. 680). Steht als Auslegungsergebnis fest, dass die Parteien die Streitsache von der staatlichen Gerichtsbarkeit ausnehmen und einer Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterstellen wollten, bestehen jedoch Differenzen hinsichtlich der Abwicklung des Schiedsverfahrens, greift grundsätzlich der Utilitätsgedanke Platz; danach ist möglichst ein Vertragsverständnis zu suchen, das die Schiedsvereinbarung bestehen lässt. Eine unpräzise oder fehlerhafte Bezeichnung des Schiedsgerichts führt daher nicht zwingend zur Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung (BGE 130 III 66 E. 3.2 S. 71 f.; 129 III 675 E. 2.3 S. 681).
Nach diesen allgemeinen Ausführungen prüfte das Bundesgericht in der Folge zunächst, ob eine Schiedsvereinbarung zustande gekommen sei. Es bejahte diese Frage (E. 2.3.1):
Vielmehr ist nach Treu und Glauben davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als international bekannter Fussballverband und die Beschwerdegegnerin als Vermittlerin professioneller Fussballspieler einen allfälligen Rechtsstreit aus ihrem Transfervertrag verbindlich durch eine der beiden internationalen Fussballverbände entscheiden lassen wollten, ohne sich gleichzeitig den Gang an die staatlichen Gerichte in ihren jeweiligen Sitzstaaten offen zu halten. Der Beschwerdeführer geht im Übrigen selbst davon aus, dass ein Entscheid der FIFA-Kommission für den Status von Spielern mit Berufung beim TAS hätte angefochten werden können. Unter diesen Umständen ist hinsichtlich des Verzichts auf die staatliche Gerichtsbarkeit nicht von einem Zweifelsfall auszugehen, der eine restriktive Auslegung gebieten würde.
Das Bundesgericht setzte sich alsdann mit dem Argument auseinander, die Schiedsklausel sei anfänglich unmöglich (E. 2.3.2):
Der Beschwerdeführer weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich die Bezeichnung der beiden Kommissionen der FIFA bzw. der UEFA als ursprünglich unmöglich (Art. 20 Abs. 1 OR) erwiesen haben, da beide Organisationen aufgrund ihrer internen Regeln auf die Klage nicht eintreten können. Daraus folgt jedoch nicht bereits die Nichtigkeit der abgeschlossenen Schiedsklausel; vielmehr hat das TAS zutreffend geprüft, ob die in Ziffer 4 der Vereinbarung vom 19. Februar 2003 bezeichneten Organe von derart entscheidender Bedeutung waren, dass sich die Parteien gegen die Schiedsgerichtsbarkeit entschieden hätten, falls ihnen bewusst gewesen wäre, dass diese über einen Rechtsstreit gar nicht würden entscheiden können (vgl. auch die in der Beschwerde erwähnten JEAN-FRANÇOIS POUDRET/SÉBASTIEN BESSON, Comparative law of international arbitration, 2. Aufl. 2007, Rz. 161, nach denen die Bezeichnung einer nicht existierenden Schiedsinstitution nicht in jedem Fall, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen, zur Nichtigkeit der Schiedsklausel führt). Damit hat es im Ergebnis geprüft, was die Parteien nach ihrem hypothetischen Willen (vgl. BGE 131 III 467 E. 1.2 S. 470) vereinbart hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit des
mangelhaften Teils schon bei Vertragsabschluss bewusst gewesen wäre (vgl. Art. 20 Abs. 2 OR). Entgegen dem, was der Beschwerdeführer zu vertreten scheint, hat das TAS seine Folgerung, dass eine Schiedsvereinbarung auch dann abgeschlossen worden wäre, wenn den Parteien bewusst gewesen wäre, dass keines der bezeichneten Organe über einen Rechtsstreit aus dem Transfervertrag entscheiden würde, nicht einfach aus einer allgemeinen Prämisse abgeleitet. Vielmehr hat es unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse auch konkrete Hinweise für diese Ansicht erkannt: So weise einerseits der Umstand der alternativen Anrufung zweier Fussballverbände darauf hin, dass die Parteien nicht auf eine bestimmte Institution fixiert waren, sondern in erster Linie ein Schiedsgericht vorsehen wollten, das mit Fragen des Transfers professioneller Fussballspieler vertraut ist. Zudem hat das TAS die Behauptung des Beschwerdeführers, er hätte keine Schiedsvereinbarung abgeschlossen, wenn ihm die Unzuständigkeit der FIFA-Kommission für den Status von Spielern bewusst gewesen wäre, auch mit dem überzeugenden Hinweis darauf entkräftet, dass ein Entscheid dieser FIFA-Kommission nach den massgebenden Regeln der FIFA noch beim TAS hätte angefochten werden können, wovon auch der Beschwerdeführer ausgeht. In der Tat leuchtet es nicht ein, dass die Parteien zwar einen Entscheid der FIFA-Kommission für den Status von Spielern mit anschliessender Berufungsmöglichkeit an das TAS vorsehen wollten, jedoch bei blosser Aussicht auf eine direkte Klagemöglichkeit beim TAS oder einem anderen Schiedsgericht auf die Zuständigkeit der jeweiligen nationalen Gerichte bestanden hätten. Inwiefern Letzteres zutreffen soll, legt auch der Beschwerdeführer nicht dar. Im Übrigen verkennt er, dass bei Zweifeln am Bestehen eines auf Ganznichtigkeit gerichteten hypothetischen Parteiwillens nach den Regeln des allgemeinen Vertragsrechts der Teilnichtigkeit der Vorzug zu geben ist (Urteil 4C.156/2006 vom 17. August 2006 E. 3.2).
Schliesslich behandelte das Bundesgericht die Frage, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie um die Teilnichtigkeit ihrer Vereinbarung gewusst hätten (E. 2.3.3):
Die Teilnichtigkeit (Art. 20 Abs. 2 OR) der abgeschlossenen Schiedsvereinbarung vom 19. Februar 2003 ist, soweit dies möglich ist, durch Vertragsergänzung aufgrund des hypothetischen Parteiwillens zu beheben (vgl. BGE 120 II 35 E. 4a S. 40 f.; 114 II 159 E. 2c S. 163; 107 II 216 E. 3a und b S. 318 f.). Es ist zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen der Teilmangel schon bei Vertragsschluss bewusst gewesen wäre (vgl. zur Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens BGE 107 II 216 E. 3a S. 218; Urteile 4C.156/2006 vom 17. August
2006 E. 3.3; 4C.9/1998 vom 14. Mai 1998 E. 4b). Das TAS hat ohne Verletzung von Bundesrecht erwogen, die Parteien hätten ihren Streit einem Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz unterbreiten wollen, das sich im Bereich des Sportrechts besonders auskennt. Die Bezeichnung der FIFA sowie der UEFA weist darauf hin, dass die Parteien eine Sportorganisation über allfällige Streitigkeiten aus ihrem Transfervertrag entscheiden lassen wollten, die mit dem Transferwesen im internationalen Fussballgeschäft vertraut ist. Zu beachten ist insbesondere, dass das TAS Entscheidungen der FIFA betreffend Spielertransfers auf Berufung hin überprüfen kann, und der Beschwerdeführer selbst anerkennt, dass gegen einen Entscheid der FIFA-Kommission für den Status von Spielern — falls sie ihre Zuständigkeit im konkreten Fall bejaht hätte — ein Rechtsmittel an das TAS zulässig gewesen wäre. Aufgrund dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die Parteien allfällige Streitigkeiten aus ihrem Transfervertrag vom 19. Februar 2003 unmittelbar der Schiedsgerichtsbarkeit des TAS unterstellt hätten, das sich regelmässig mit Transfers von Fussballspielern auseinandersetzt, wäre ihnen die Unzuständigkeit der in Ziffer 4 aufgeführten Institutionen bewusst gewesen.