9C_125/2012: Patronale Wohlfahrtsfonds müssen ein Anlagereglement haben, das aber uU einfach gehalten werden darf (amtl. Publ.)

Das BGer hat­te im vor­liegen­den Urteil zu entschei­den, ob ein patronaler Wohlfahrts­fonds gehal­ten ist, ein Anlagere­gle­ment zuer­stellen. Diese Frage ste­ht im Zusam­men­hang mit dem Urteil 9C_2/2012 (dazu unser früher­er Beitrag), in dem das BGer fest­ge­hal­ten hat, dass patronale Wohlfahrts­fonds vom Anwen­dungs­bere­ich von ZGB 89bis VI nicht ausgenom­men sind und dass die BVG-Nor­men, auf die darin ver­wiesen wird, auf Wohlfahrts­fonds anwend­bar sind,  wenn und soweit sie diese Nor­men mit dem Charak­ter eines Wohlfahrts­fonds vere­in­bar sind. ZGB 89bis VI  ver­weist u.a. auf BVG 71 zur Ver­mö­gensver­wal­tung, und nach BVV 2 Art. 49a  muss das ober­ste Stiftung­sor­gan ein Anlagere­gle­ment erlassen. 

Das Erforder­nis eines Anlagere­gle­ments gehört, wie das BGer jet­zt fes­thält, zu den Bes­tim­mungen, die mit dem Charak­ter eines patronalen Wohlfahrts­fonds vere­in­bar sind und daher auch für Wohlfahrts­fonds gelten:

Die Forderung, auch patronale Wohlfahrts­fonds hät­ten ihre Anlage­poli­tik nachvol­lziehbar zu machen, ist im Grund­satz nicht zu bean­standen. […] Es liegt somit — nicht anders als bei regle­men­tarischen Vor­sorgeein­rich­tun­gen — sowohl im Inter­esse der Des­ti­natäre als auch in dem­jeni­gen der Organe, die grund­sät­zlichen Ziele und Ver­hal­tensrichtlin­ien der Ver­mö­gen­san­lage und ‑ver­wal­tung in Form eines Anlagere­gle­ments festzuhal­ten. […] An diesem For­mal­isierungs­bedürf­nis ändern “ein­fache” Ver­hält­nisse, wie sie bei der Beschw­erde­führerin vor­liegen — ihr Ver­mö­gen erschöpft sich im Wesentlichen in einem Wohn­haus mit Gewerbe — nichts.

 Damit ist zum Min­des­tin­halt des Regle­ments noch nichts gesagt. Hier ist zu differenzieren:

Patronale Wohlfahrts­fonds weisen — anders als regle­men­tarische Vor­sorgeein­rich­tun­gen — kaum feste zukün­ftige Verpflich­tun­gen auf. Deshalb ist grund­sät­zlich eine grosszügige Ausle­gung von Art. 49 ff. BVV 2 ange­sagt [sic!] […]. Ins­beson­dere ist ein hin­re­ichend enger sach­lich­er Zusam­men­hang zwis­chen den (ana­log) anwend­baren Bes­tim­mungen und den konkreten Gegeben­heit­en des patronalen Wohlfahrts­fonds unab­d­ing­bar. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beschw­erde­führerin und der in der Lehre befürchteten Annahme […] bleibt somit die Möglichkeit beste­hen, der Sit­u­a­tion im Einzelfall Rech­nung zu tra­gen und nicht alle Anlagebes­tim­mungen tel quel zur Anwen­dung zu brin­gen […]. Im Nor­mal­fall soll­ten auch die Erweiterun­gen gemäss Art. 50 Abs. 4 BVV 2 in Anspruch genom­men wer­den kön­nen […] Im Übri­gen ist vor allem nach der Grösse des patronalen Wohlfahrts­fonds und seinen Leis­tungsauss­chüt­tun­gen zu dif­feren­zieren. Je mehr Ver­mö­gen vorhan­den ist und je mehr (langjährige) Auss­chüt­tun­gen vorgenom­men wer­den resp. je mehr (langjährige) Verpflich­tun­gen beste­hen, umso detail­liert­er sind die Ver­mö­gen­san­lage und ‑ver­wal­tung zu konkretisieren und umso weniger verbleibt Raum für eine large(re) Hand­habung […]. Mit anderen Worten darf rel­a­tiv beschei­de­nen Ver­hält­nis­sen mit ein­er rel­a­tiv ele­mentaren Regle­mentsaus­gestal­tung begeg­net werden.