Das Bundesgericht äussert sich in dem für die amtliche Sammlung bestimmten Urteil 6B_712/2012 erstmals zur Tragweite des in Art. 391 Abs. 2 StGB verankerten Verbots der reformatio in peius.
Danach liegt eine unzulässige reformatio in peius nicht nur dann vor, wenn die Rechtsmittelinstanz eine härtere Strafe ausspricht als die Vorinstanz, sondern ist auch dann gegeben, wenn das Dispositiv der Rechtsmittelinstanz einen schärferen Schuldspruch enthält als der erstinstanzliche Entscheid, sofern nur der Beschuldigte oder Verurteilte ein Rechtsmittel ergriffen hat.
Während sich die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht auf eine Auslegung des Verschlechterungsverbots festgelegt hatte, ist dessen Auslegung in der Literatur umstritten. Einige Autoren vertreten die Auffassung, die Bestimmung beziehe sich nur auf die zu verhängende Sanktion. Nach anderer Ansicht ist daneben auch eine schärfere rechtliche Qualifikation der Tat untersagt. Das Bundesgericht schliesst sich in seinem aktuellen Urteil der strengeren Sichtweise an.
Nach einer detaillierten Auslegung von Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO (E. 2.4.2–2.4.4) zieht das Bundesgerich folgenden Schluss:
2.5. Eine Verletzung des Verschlechterungsverbots liegt entsprechend dem gesetzgeberischen Willen daher nicht nur bei einer Verschärfung der Sanktion, sondern auch bei einer härteren rechtlichen Qualifikation der Tat vor. Dies ist der Fall, wenn der neue Straftatbestand eine höhere Strafdrohung […] vorsieht, d.h. einen höheren oberen Strafrahmen oder eine (höhere) Mindeststrafe, sowie bei zusätzlichen Schuldsprüchen. Gleich verhält es sich, wenn der Verurteilte im Berufungsverfahren für die vollendete Tat statt wegen Versuchs […] oder als Mittäter anstatt als Gehilfe verurteilt wird, da ein fakultativer bzw. obligatorischer Strafmilderungsgrund wegfällt.
Ob diese Grundsätze auch für die Teilnahmeform der Anstiftung oder andere Strafmilderungsgründe gelten, musste das Bundesgericht in casu nicht entscheiden.
Abschliessend hält es fest, dass für die Frage, ob eine unzulässige reformatio in peius vorliegt, das Dispositiv massgeblich ist (E. 2.6; siehe auch Urteil 6B_199/2011 vom 10. April 2012 E. 8.3.2). Der Rechtsmittelinstanz ist es hingegen nicht untersagt, sich in ihren Erwägungen zur rechtlichen Qualifikation zu äussern, wenn das erstinstanzliche Gericht von einer abweichenden Sachverhaltswürdigung oder falschen rechtlichen Überlegungen ausging.