4A_155/2013: Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Verletzung von Informationsnebenpflichten nicht missbräuchlich

Das BGer hat­te im vor­liegen­den Fall zu beurteilen, ob eine Kündi­gung eines Mietver­hält­niss­es miss­bräuch­lich i.S.v. OR 271 war. Dabei ist, wie das BGer schon mehrfach fest­ge­hal­ten hat, das wirk­liche Kündi­gungsmo­tiv zu beurteilen. Dabei dür­fen auch nachträgliche Umstände als Ausle­gungsmit­tel berück­sichtigt wer­den. Die Vorin­stanz hat­te die Kündi­gung als miss­bräuch­lich beurteilt — im Wesentlichen aber nicht, weil es die dafür ange­führten Begrün­dun­gen als vorgeschoben, son­dern als für eine Kündi­gung nicht aus­re­ichend erachtet hat­te, so dass die Kündi­gung im Ergeb­nis .. war und damit als miss­bräuch­lich ange­se­hen wurde. Damit hat­te das BGer über­wiegend nicht Tat‑, son­dern Rechts­fra­gen zu beurteilen.

In der Sache hat­te die Ver­mi­eterin die Kündi­gung zunächst mit mehreren Umstän­den begrün­det, die die Vorin­stanz zu Recht u.a. auf­grund von Beweis­prob­le­men (zB nicht bewiesene Ver­schlechterung des Zus­tands der Miet­sache über die Miet­dauer) zurück­gewiesen hat­te. Demge­genüber hat­te die Vorin­stanz zwei weit­ere Begrün­dun­gen zu Unrecht zurück­gewiesen:   

  • Nach ein­er Schei­dung war die Miet­sache ein­er der ehe­ma­li­gen Ehe­gat­ten zugewiesen wor­den. Trotz dreifach­er Auf­forderung hat­ten die Ehe­gat­ten den entsprechen­den Auszug des Schei­dung­surteils nicht vorgelegt. 
  • Die Ehe­gat­ten hat­ten eine Parabolantenne erst nach wieder­holter Auf­forderung entfernt.

Damit hat­ten sie die im üblichen Rah­men geschuldete Mitwirkung ver­mis­sen lassen: 

Force est de con­stater que, dans ces deux sit­u­a­tions, les locataires ont refusé d’ap­porter une coopéra­tion pour­tant usuelle dans une rela­tion con­tractuelle nor­male et même fait obstruc­tion aux requêtes de la bailler­esse. On ne saurait faire sup­port­er à celle-ci un tel com­porte­ment et lui inter­dire, pour cette rai­son, de noti­fi­er une résil­i­a­tion (ordi­naire) aux locataires. 

Wären die Auf­forderun­gen der Ver­mi­eterin unzuläs­sig oder gar schikanös gewe­sen, hätte sie sich nicht auf die man­gel­nde Mitwirkung berufen kön­nen. Davon kon­nte hier aber aus zwei Grün­den keine Rede sein:

Zum einen wirkt das Schei­dung­surteil für die Zuweisung der Woh­nung kon­sti­tu­tiv, und zwar auch ohne die Zus­tim­mung und sog­ar ohne die Ken­nt­nis des Ver­mi­eters von der Schei­dung. Auch die höch­stens zwei­jährige Dauer der sol­i­darischen Haf­tung der Ex-Gat­ten nach ZGB 121 II begin­nt mit Recht­skraft des Schei­dung­surteils. Die Mieter trifft daher die Nebenpflicht, den Ver­mi­eter entsprechend zu informieren. 

Zum anderen ist ein Ver­bot von Parabolanten­nen durch die Ver­mi­eterin im Inter­esse eines ästhetis­chen Erschei­n­ungs­bilds der Miet­sache nicht unzuläs­sig oder gar schikanös. Das BGer lässt allerd­ings offen, ob eine Kündi­gung allein mit einem Ver­stoss gegen ein solch­es Ver­bot begrün­det wer­den könnte. 

Ins­ge­samt war die Beschw­erde daher gutzuheis­sen. Die Kündi­gung war nicht missbräuchlich.