A‑5390/2013: Gruppenersuchen gestützt auf DBA-USA 96 in casu nicht zulässig (Bundesverwaltungsgericht)

Das Bun­desver­wal­tungs­gericht heisst eine Beschw­erde eines Bankkun­den gegen Aus­liefer­ung sein­er Bank­in­for­ma­tio­nen gut. Es äussert sich zu einem Grup­pen­er­suchen des IRS betr­e­f­fend die Bank Julius Baer u.a. zu fol­gen­den Punk­ten (s.a. NZZ und Tage­sanzeiger vom 9.1.2014):

Grup­pen­er­suchen gestützt auf das [bis heute mass­gebende] DBA-USA 96 sind unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen zulässig.

Nen­nt das Ersuchen keine Namen, sind gemäss bun­des­gerichtlich­er Recht­sprechung die übri­gen Umstände umso detail­liert­er zu beschreiben […]. Das gilt ins­beson­dere, falls ein Gesuch eine grosse Anzahl von Bankkun­den bet­rifft. An den Detail­lierungs­grad der Sachver­halts­darstel­lung sind in solchen Fällen hohe Anforderun­gen zu stellen“,

damit ein zuläs­siges Gesuch von ein­er ver­pön­ten Beweisaus­forschung („fish­ing expe­di­tion“) abge­gren­zt wer­den kann (E. 5.1.2; 5.1.4). Ver­langt wird in jedem Fall ein Anfangsver­dacht, der sich aus konkreten, von der ersuchen­den Behörde darzule­gen­den Tat­sachen ergeben muss (E. 5.1.6). An dieser Recht­slage bezüglich der Notwendigkeit der aus­re­ichen­den Sachver­halts­darstel­lung hat sich auch nach Inkraft­treten des StAhiG grund­sät­zlich nichts geän­dert (E. 5.1.3).

Die hin­re­ichen­den Ver­dachtsmo­mente des Sachver­halts müssen sich auf „Betrugs­de­lik­te und der­gle­ichen“ im Sinne von Art. 26 DBA-USA 96 beziehen (E. 6.1). Bei ver­muteter bloss­er Steuer­hin­terziehung kann dage­gen keine Amt­shil­fe geleis­tet wer­den, auch nicht wenn es um hohe Beträge geht (E 6.7). Das Gericht reka­pit­uliert die (bekan­nte) schweiz­erische Gericht­sprax­is betr­e­f­fend „Betrugs­de­lik­te und der­gle­ichen“ im Sinne von Art. 26 DBA-USA 96 und erläutert das für die Beurteilung des Fall­es wesentliche Qual­i­fied Inter­me­di­ary Sys­tem aus­führlich (E. 6.1 – 6.4).

Der IRS hat­te seinen Betrugsver­dacht mit ein­er Rei­he von Tat­sachen­vor­brin­gen begrün­det, welche das Gericht nicht überzeugten:

Die dem Amt­shil­fege­such beigelegte Anklageschrift betr­e­f­fend zwei Kun­den­ber­ater der Bank („Casadei Indict­ment“) qual­i­fiziert das Gericht als ver­dachts­be­grün­dend nur für (nicht amt­shil­fe­fähige) Steuer­hin­terziehung­shand­lun­gen (E. 7.2.3).

Ana­log qual­i­fiziert das Gericht die Aus­führun­gen des IRS zu Hand­lun­gen einzel­ner Bankmi­tar­beit­er betr­e­f­fend Ver­wen­dung von Deck­na­men und Num­mern für Kon­ten, das Ausstellen von Reisekon­toauszü­gen, welche keinen Rückschluss auf den Kon­toin­hab­er zulassen sowie Reisen der Kun­den­ber­ater in die USA. Auch das Aus­nutzen von – dem IRS bekan­nten — Lück­en im QI-Sys­tem wertet es nicht als amt­shil­fe­fähiges Delikt (E. 7.2.4).

„Ver­fehlun­gen einzel­ner Mitar­beit­er ein­er Bank kön­nen sodann nicht dazu führen, dass bezüglich aller Kun­den, die ein bes­timmtes Ver­hal­tens­muster aufweisen, Amt­shil­fe zu leis­ten ist. Dies würde dem Ver­hält­nis­mäs­sigkeit­sprinzip wider­sprechen.“ (E. 7.2.4)

Einzig im Falle eines in den USA steuerpflichti­gen Ehep­aars, welch­es offen­bar zwecks Ver­mei­dung US-erbrechtlich­er Fol­gen ein Bankkon­to auf eine Dom­izilge­sellschaft über­tra­gen hat­te, schien dem Gericht ein betrugsähn­lich­es Ver­hal­ten denkbar. Gemäss IRS hät­ten diese Bankkun­den mit­tels Deb­itkarten unter Mis­sach­tung der zivil­rechtlichen Struk­tur Bezüge von den Fir­menkon­ten getätigt (E. B.j). Die entsprechen­den Tat­sachen­vor­brin­gen wur­den vom Gericht jedoch als – für ein Grup­pen­er­suchen — zu wenig sub­stan­ti­iert erachtet (E. 7.2.6).

Das Urteil vom 6. Jan­u­ar 2014 kann beim Bun­des­gericht ange­focht­en werden.