Im Rahmen vorprozessualer Vergleichsverhandlungen unterbreitete der Rechtsvertreter der Beklagten dem Anwalt der Klägerin mit Schreiben vom 30. April 2010 ein Vergleichsangebot. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass das Angebot vertraulich erfolge und das Schreiben nicht für den Gerichtsgebrauch bestimmt sei (“sous les plus expresses réserves d’usage”). Der Rechtsvertreter der Beklagten erklärte darin unter anderem, seine Mandantin sei bereit, gegenüber der Klägerin auf die Erhebung der Verjährungseinrede zu verzichten, soweit diese nicht schon eingetreten sei (BGer. 4A_294/2013 vom 11. Dezember 2013, Sachverhalt B und E. 3.1).
Im Prozess erhob die Beklagte die Einrede der Verjährung. Darauf reichte der Anwalt der Klägerin an der Instruktionsverhandlung eine Kopie des Schreibens vom 30. April 2010 als Beweismittel ins Recht. Das Schreiben war grösstenteils geschwärzt. Zu sehen waren lediglich die Höflichkeitsfloskeln und der Satz betreffend den Verjährungsverzicht. Der Anwalt legte überdies ein Schreiben des Präsidenten des Anwaltsverbandes Genf (Bâtonnier de l’Ordre des avocats genevois) vor, der das Einreichen der geschwärzten Fassung des Schreibens ausdrücklich erlaubte. Der Anwalt stellte sich auf den Standpunkt, der (bloss angebotene) Verjährungsverzicht sei nicht Bestandteil des Vergleichsangebots gewesen und deshalb auch nicht vertraulich. Der Rechtsvertreter der Beklagten beantragte demgegenüber, das Schreiben sei aus dem Recht zu weisen.
Die erste Instanz beschränkte des Verfahren auf die Frage der Verjährung und verwarf die Einrede der Beklagten. Die zweite Instanz hingegen hob das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage wegen eingetretener Verjährung ab (E. 2.1). Das Bundesgericht schützte das zweitinstanzliche Urteil und wies die dagegen erhobene Beschwerde ab.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin hatte geltend gemacht, die Vorinstanz habe das Schreiben vom 30. April 2010 zu Unrecht als rechtswidrig beschafftes Beweismittel im Sinne von Art. 152 Abs. 2 ZPO qualifiziert (E. 2.2). Nach dieser Bestimmung werden rechtswidrig beschaffte Beweismittel nur berücksichtigt, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt.
Das Bundesgericht hielt fest, dass ein Verstoss gegen die Berufsregeln gemäss Art. 12 BGFA eine Rechtswidrigkeit nach Art. 152 Abs. 2 ZPO zu begründen vermag (E. 3.1). Zur Auslegung der Berufsregeln könnten die Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbandes herangezogen werden. Gemäss Art. 6 der Standesregeln darf das Gericht nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Gegenseite über den Inhalt von Vergleichsangeboten informiert werden. Art. 26 der Standesregeln bestimmt überdies, dass als vertraulich bezeichnete Dokumente keinen Eingang in Gerichtsverfahren finden dürfen. Diese Regeln sind gemäss Bundesgericht strikt zu handhaben, da die aussergerichtliche Streitbeilegung im öffentlichen Interesse gefördert werden soll. Das Schreiben vom 30. April 2010 durfte deshalb keine Beachtung finden, es sei denn, ein Teil des Schreibens würde offensichtlich keinen vertraulichen Charakter aufweisen oder das Interesse an der Wahrheitsfindung würde überwiegen (E. 3.1). Beides verneinte jedoch das Bundesgericht für den vorliegenden Fall (E. 3.2).